Das Salzburger Familienunternehmen Thoma baut Holzhäuser, Paul Preiss vom Wiener Architekturbüro Goya plant sie. Da wie dort hat die Liebe zum Baustoff Holz die gleichen Gründe.
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Holz spielt in der Familie Thoma schon lange eine wichtige Rolle. "Schon unser Vater war in der Forstwirtschaft tätig. Er hat bei den Bundesforsten gearbeitet, bevor er die Firma 1995 gegründet hat", erklärt Florian Thoma, einer der Söhne von Erwin Thoma, dessen Familienunternehmen heute unter der Marke "Holz100" Häuser baut, die zu 100 Prozent aus Holz bestehen und frei von Chemie sind (www.thoma.at). Und es sind Energiesparhäuser, für die sich Erwin Thoma die Inspiration bei Waldameisen geholt hat: "Im Inneren eines Ameisenhaufens ist die Temperatur das ganze Jahr über immer gleich."
Mit Hilfe von Thermodynamikern an der Technische Universität Graz, die sonst Verbrennungsmotoren optimieren, erforschte er die Wirkungsweise der Ameisenhaufen und setzte sie in der Folge auch bei seinen Holzhäusern ein. Sein Grundsatz lautet, das Holzgebäude soviel wie möglich selbst temperieren zu lassen und dabei möglichst wenig Haustechnik einzusetzen. "Da stecken heute oft die meisten Kosten drin." Aber dazu später. Beginnen wir lieber ganz am Anfang: bei den Bäumen am Bach hinter Erwin Thomas Elternhaus in Bruck an der Großglockner-Straße in Salzburg, die ihn schon als Kind fasziniert haben. "Die waren für uns der Lebensraum. Sie waren allgegenwärtig, wir haben überwiegend aus dem Garten vor dem Haus und den Bäumen hinterm Haus gelebt, sie waren Teil des Lebens, und wir waren ein Teil des Ganzen", erzählte er jüngst im Gespräch mit Ö1. Die Liebe zum Holz ließ ihn nicht los und entschied seine Berufswahl: erst als Förster, jetzt als Holzhausproduzent.
Als solcher verfolgt er Ansätze, die in der Branche nicht unbedingt auf Gegenliebe stoßen, und die manche als Esoterik abtun – so wie er selbst es früher getan hat, bis ihn seine eigenen Erfahrungen eines Besseren belehrt haben. Heute schwört Erwin Thoma auf unbehandeltes Vollholz, vor allem das im Winter bei abnehmendem Mond geschlägerte. Es ist für den menschlichen Organismus gesund, stärkt das Herz und kräftigt das Immunsystem, ist er überzeugt. "Holz muss immer massiv sein, dann sind die Eigenschaften einzigartig."
Mondholz: Keine Esoterik, sondern wissenschaftlich fundiert
Zwei Begegnungen haben ihn geprägt. Die eine war jene mit den Bewohnern eines abgelegenen Tals im Tiroler Karwendel, das nur von Bayern aus erreichbar war. "Das war ein Försterposten, wo sie niemanden gefunden hatten, weil man damals im Winter wochenlang eingeschneit war. Wir waren damals ein junges Paar, und meine Frau hat in ihrer Verliebtheit gesagt: ‚Mit dir gehe ich überall hin.‘ Und dann habe ich mich dort beworben", erzählt Thoma. In dem einsamen Tal entdeckte er dann eine Art Parallelwelt, "die meinen Glauben an die reine technische Machbarkeit des Lebens total erschüttert hat, weil dort Menschen gelebt haben, die Dinge wussten, von denen ich trotz meiner umfassenden Ausbildung keine Ahnung hatte".
Ein Bergbauer dort konnte nicht einmal richtig lesen und schreiben – aber er schnitzte aus einem geschlägerten Baum eine Pendeluhr mit einem hölzernen Uhrwerk und versetzte Erwin Thoma damit in Staunen. Und als dann eines Tages Geigenbauer spezielles Holz suchten und dabei die Bäume abklopften, war er zunächst mehr als skeptisch, um später noch mehr zu staunen, als er den Baum dann fällte und der perfekt war. Ein Jahr später kamen sie mit der daraus gebauten Geige wieder und weckten endgültig in Thoma die Faszination fürs Holz - und vor allem die Faszination für dessen Langlebigkeit (auch mit Blick auf jahrhundertealte Instrumente) und das tradierte Wissen rundherum.
Die zweite prägende Begegnung war jene mit dem Großvater seiner Frau, der selbst Baumeister war und auf Holz als Baustoff schwor: "Das gute Gefühl, das ich in den Häusern gehabt habe, die er gebaut hatte, hat sich sonst nirgends eingestellt", erzählt Erwin Thoma. Daraufhin stieg auch er – gemeinsam mit seinem Schwiegeropa – ins Holzgeschäft ein. "Er hat mir auch die Sache mit dem Mondholz erklärt und mir bewiesen, dass es viel resistenter gegen Pilze und Schädlinge ist."
Das Mondholz hat er sich inzwischen sogar zertifizieren lassen. Was ihm sein Schwiegergroßvater darüber erzählte, schrieb Erwin Thoma zunächst in einem Tagebuch auf, das er später auch publizierte. Während ihm viel Skepsis entgegenschlug, begann ein Wissenschaftsteam an der ETH Zürich dazu zu forschen. "Und gut zehn Jahre später sind die ersten Ergebnisse dazu veröffentlicht worden, die uns rechtgegeben haben."
Die positiven Eigenschaften des Mondholzes sind übrigens im Grunde gar nicht esoterisch, sondern rein wissenschaftlich erklärbar: Je nach Jahreszeiten ändern sich zum Beispiel die für Käfer und Pilze verfügbaren Nährstoffe im Baum. Die ETH-Forscher wiesen auch erstmals nach, dass jeder Baum ein elektrostatisches Ladungsfeld hat, das linear zur Gezeitenkurve des Mondes schwankt und einen Einfluss auf die molekularen Bindungskräfte im Inneren hat: Das Holz zieht sich bei abnehmendem Mond dichter zusammen, ist somit fester. Inzwischen betreibt die Familie Thoma selbst ein Holzforschungszentrum im Pongau, in dem das alte, tradierte Wissen auf den wissenschaftlichen Prüfstand gestellt wird.
Vollholz statt Spanplatten
Seine Holzhausfirma gründete Erwin Thoma ein paar Jahre, nachdem die Familie Anfang der 1990er übersiedelt war. "Das war so ein klassischer Achtzigerjahre-Bau mit vielen Plattenwerkstoffen und dementsprechender Luftschadstoffbelastung im Innenraum", erzählt sein Sohn Florian Thoma im Gespräch mit dem "Wiener Journal". "Da sind wir krank geworden, haben Asthma und Allergien bekommen." Die Kinder, die bis dahin sonst fast nie krank waren, seien im neuen Haus "fast erstickt, wenn wir sie schlafengelegt haben", sagt sein Vater. "Irgendwann sind wir draufgekommen, dass sie allergisch gegen Spanplatten waren, vor allem gegen die ausgasenden Leime." Den Sommer verbrachten sie mit der Mutter in einer Almhütte, während das Haus komplett entkernt wurde. "Wir haben die Spanplatten durch Massivholz ersetzt – und die Kinder waren danach wieder gesund!"
Als Konsequenz daraus beschlossen die Thomas, mit ihrer Firma Holz in seiner reinen Form zu verarbeiten und komplett auf Chemie zu verzichten. Auch Florian Thoma unterstreicht "die wohltuende Wirkung des Holzes auf Körper und Geist". Er spricht von einem besonderen Wohlbefinden der Bewohner, "wenn man sich in Räumen aufhält, die aus reinem Holz gebaut wurden – da sind wir überzeugt davon, dass es mit keinem anderen Werkstoff so gelingt".
Besseres Raumklima im Holzhaus
Auch der Wiener Architekt Paul Preiss ist schon lange ein Fan dieses Baustoffes: "Das ganze Raumklima ist in einem Holzhaus einfach besser." Sein Architekturbüro Goya hat bereits mehrere Preise für Holzgebäude eingeheimst (www.goya.at). Preiss stellt fest: "Holz ist nicht nur ein biologischer, nachhaltiger Werkstoff, sondern es spielt uns auch in die Hände, was Bauzeiten betrifft." Denn mit Holz ist ein sehr hoher Vorfertigungsgrad möglich, der die Errichtungszeit auf der Baustelle selbst massiv verkürzen kann. "Und das ist speziell im öffentlichen Bereich, wo der Zeitdruck immer größer wird, ein Riesenplus."
Davon profitiert auch das Unternehmen Thoma. "Außerdem bietet Holz bei der Ausführung große Flexibilität", sagt Florian Thoma. Durch die Trockenbauweise, die bei den Holzhäusern zum Einsatz kommt, lassen sich ganze Hotels in wenigen Monaten fertigstellen, "das spart auch Zeit und Geld und wäre im Massivziegelbau wegen der Trocknungszeiten gar nicht möglich". Hier setzt Thoma auch an, was die finanzielle Argumentation betrifft, wenn es um die Frage geht, auf welchen Baustoff ein Bauherr setzen sollte. "Natürlich kosten unsere Holz100-Häuser selbst in Relation zu einem aus ökologischer und qualitativer Sicht gleichwertigen Massivhaus etwa zehn Prozent mehr. Aber man ist dafür viel schneller fertig. Und wenn man die Gesamtbaukosten betrachtet, sieht es schon anders aus. Man muss zum Beispiel berücksichtigen, was man sich an Miete erspart, wenn man schneller ins neue Haus übersiedeln kann." Und man müsse seriös vergleichen, betont Thoma. "Wir bauen unsere Massivholzhäuser konsequenterweise ohne Leim, verzichten auf Plastikfenster, Laminatböden oder Mineralwolle, dadurch wird die gesamte Ausführung viel ökologischer. Und diese hohen Standards muss man dann mit anderen Häusern vergleichen."
Und wenn schon Holz, dann Vollholz und nicht Holzriegelbauweise, betonen Holzhausproduzent Thoma und Architekt Preiss unabhängig voneinander. Aus Sicht des Architekt sind vor allem die vielen verschiedene Schichten in einem Holzriegelhaus problematisch: Die Wände bestehen üblicherweise aus verspachtelten Gipskartonplatten, Plastikfolie, Holzkonstruktion mit Mineralwolle und Installationen, Wärmedämmung aus Styropor und Außenputz, das Ganze auch noch zusammengenagelt und -geschraubt. "Das ist beim Abriss dann eigentlich Sondermüll, der zerlegt und einzeln wieder entsorgt werden muss", meint Preiss. Mit Blick auf den Lebenszyklus des Hauses sollte also das Motto lauten, mit möglichst wenigen Schichten zu arbeiten. "Man muss leider sagen: Jedes Wiener Zinshaus ist in dieser Hinsicht flexibler als das, was in den vergangenen 40 Jahren gebaut worden ist."
Für Florian Thoma ist das Wasser auf seine Mühlen: "Unsere Häuser halten sehr lange, weil es keine Schwachpunkte gibt: Da können sich keine Klebebänder oder Folien lösen. Man baut sie für mehr als eine Generation. Sie sind langlebig und pflegeleicht." Und mitunter schlägt ein Holzhaus sogar einen Betonbau im Preis. So geschehen bei der Ausschreibung für ein großes deutsches Krankenhaus, berichtet Erwin Thoma. Der Grund ist vor allem in den bereits eingangs erwähnten reduzierten Kosten abseits des Rohbaus zu finden. "Holz ist ein intelligenter Baustoff, bei dem wir auf Styropordämmungen und komplizierte Haustechnik verzichten können", erklärt Florian Thoma. Innerhalb der Baubranche fehle es aber zum Teil noch am Know-how in Bezug auf Holzhäuser. "Da wird aus Mangel an Erfahrung auch noch viel Blödsinn geplant. Dadurch gibt es viele Vorurteile gegenüber Holzhäusern." Dabei sei es in allen Belangen der ideale Baustoff, betont er.
Man muss dem Holzhaus nicht den Baustoff ansehen
Hat Holz also wirklich überhaupt keine Nachteile? "Ich wüsste keinen", bekräftigt Thoma. "Sie müssten mir einen sagen." Bisher musste er noch keinen Auftrag ablehnen, weil er nicht realisierbar war. An seine Grenzen stoße Holz als Baustoff nur, wenn es um die Höhe gehe – allerdings nicht technisch, sondern gesetzlich, meint Thoma. "Wir könnten noch viel höher bauen, als wir dürfen." In jüngster Zeit wetteifern verschiedene Städte und Architekten ja darum, wer das höchste Holzhochhaus baut. "Das ist in der Branche eine Art Penisvergleich." Oft sind diese Holzhochhäuser allerdings gar keine reinen Holzbauten, weil aus statischen Gründen ab einer gewissen Anzahl von Geschoßen dann doch zusätzlich Beton zum Einsatz kommt.
Architekt Preiss meint dazu, dass man als Bauherr bei einem Holzhaus einen etwas anderen Zugang brauche als bei einem Massivhaus. "Das bedeutet zum Beispiel, sich von konventionellen Grundrissen zumindest zum Teil zu verabschieden. Die Tragtiefen sind bei Holz geringer als zum Beispiel bei Stahlbeton, wenn man sich in einem wirtschaftlich sinnvollen Bereich bewegen will." Deshalb ist die Frage des Baustoffes bereits in der Entwurfsphase entscheidend. "Man entwirft zwar nicht grundsätzlich anders, aber man muss mit anderen Parametern arbeiten. Das heißt eben auch, im Bereich der Statik die Tragweiten zu reduzieren oder Stützen einzuziehen. Es ist alles möglich, aber es ist halt auch eine Frage der Wirtschaftlichkeit."
Grundsätzlich muss man einem fertigen Holzhaus auch nicht unbedingt ansehen, dass es eines ist. "Es muss nicht nur das Klischee vom Alpen-Chalet sein, es kann auch außen so verputzt werden, dass es aussieht wie ein ganz ‚normales‘ Haus", sagt Florian Thoma. "Wir bauen von Nordamerika über Italien und Norwegen bis Japan die verschiedensten Häuser in diversen Ausführungen." Man kann aber außen und auch innen das Holz sichtbar machen, wenn man möchte. Bei Thoma gibt es auch Holzinnenwände, die nicht verputzt werden, sondern naturbelassen oder bunt gestrichen. "Das kann ganz schön ausschauen, wenn man sie zum Beispiel mit Kalkfarbe weiß lackiert und dann die Maserung durchscheint. Das ist das moderne skandinavische Design."
Auch die Goya-Architekten gehen den Weg, das Holz sichtbar zu machen. Und nehmen dabei auch Setzungsrisse in Kauf, zu denen Preiss einen sehr pragmatischen Zugang hat: "Risse gibt es im Holz. Das ist so. Aber wir sind der Meinung: Wenn man in der Architektur mit Holz arbeitet, dann ist das Teil des Baustoffes. Man kann natürlich die Risse minimieren, indem man auf die Qualität und die Holzart achtet."
Apropos Holzart: Da setzt Thoma in erster Linie auf Nadelhölzer. "Laubhölzer sind meistens Edelhölzer, die als Vollholz sehr teuer werden." Entsprechend sollte man beim Aussuchen des Bauholzes schon wissen, welche Möbel später im Haus stehen werden, damit sich die Holzfarben nicht schlagen. Thoma stellt dafür eigene Hotels zum Probewohnen zur Verfügung, um ein paar Stunden im Holzhaus auszuprobieren.
Zumindest die Welt der Thoma-Holzhäuser ist also rundum in Ordnung. Und so ist Florian Thoma voll überzeugt: "Als Baumaterial ist Holz extrem zukunftsfähig." Sein Vater hält es sogar für notwendig, sich wieder mehr darauf zu besinnen, denn: "Wir können so nicht weitermachen. Wir müssen aus unserer naturzerstörenden Industrie eine Kreislaufwirtschaft machen. Wir müssen aufhören, in der Fremde Rohstoffe zu verbrauchen und damit dort Verteilungskriege auszulösen." Aus seiner Sicht ist hier die Rückbesinnung auf den Baustoff Holz aus der "nachwachsenden Fabrik Wald" ein wichtiger Ansatz.
Dieser Artikel ist auch im "Wiener Journal" am 9. März 2018 erschienen.