Für den von Menschen gestalteten Raum in der Stadt gibt es nun neue Leitsätze.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Die Bundeshauptstadt hat seit Kurzem "Baukulturelle Leitsätze". Im rot-grünen Regierungsprogramm wurde 2010 festgehalten, dass es diese geben soll, Ende April 2014 wurden sie mittels Resolutionsantrag im Gemeinderat beschlossen und am vergangenen Dienstag mit einer Diskussionsveranstaltung der Öffentlichkeit präsentiert. Aufbauend auf die Wiener Architekturdeklaration 2005 formulierten Experten in einem zweijährigen Beteiligungsprozess zehn Leitsätze. Durch den Resolutionsantrag sind diese nun verbindlicher als die Architekturdeklaration, werden doch der "Magistrat der Stadt Wien und die Betriebe in ihrem Einflussbereich" - wie die Stadtwerke oder die Wienholding - aufgefordert, die "Leitsätze als Handlungsmaxime anzuwenden", wie bei der Präsentation betont wurde.
Baukultur als Querschnittsmaterie
Am Anfang stand die Definition von Baukultur. Für die zuständige Stadträtin für Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung, Maria Vassilakou, ist das "alles, was errichtet wurde, heute entsteht und noch gebaut wird". Das reicht vom Stephansdom über die Gründerzeit und die Jugendstilhäuser auf der Wienzeile bis zur Donauinsel, dem Gemeindebau und dem Park ums Eck. Die baukulturellen Leitsätze sollen nun als Grundlage dienen, wenn es um die Gestaltung des gebauten Raums geht, der eben auch die Freiräume einschließt. "Wie etwas gebaut ist, betrifft alle Menschen, auch die, die in der Zukunft in der Stadt leben", so die Vizebürgermeisterin bei der Präsentation. Und auch wenn es immer wieder Dinge gebe, die nicht so gut gelängen, so bekomme die Bevölkerung durch die Leitsätze mehr Transparenz, wie es eigentlich sein sollte.
Vier Grundprinzipien als Grundlage
Mit der Entwicklung der Leitsätze in erster Linie betraut war die MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung). Die vier Grundprinzipien, die nun allen Planungen und Bauvorhaben zugrunde liegen sollen, sind Lebensqualität, Nutzbarkeit, Nachhaltigkeit und Beteiligung. Bereits im ersten Leitsatz ist die hohe Lebensqualität festgeschrieben, die der Wiener Bevölkerung durch eine hochwertig gebaute Umwelt geboten werden soll. Außerdem sind baukulturelle Entscheidungen so zu fällen, dass die Stadt sozial gerechter wird - ein Hinweis auf den sozialen Wohnbau darf an dieser Stelle nicht fehlen, wie der Leiter der MA 19, Franz Kobermaier, ausführte. Aber auch der Umgang mit öffentlichem Raum und die Beachtung von konsumzwangsfreien Zonen oder sozialen Beschäftigungsverhältnissen der eingesetzten Bauunternehmen fielen unter diesen Leitsatz.
In den Leitsätzen festgehalten ist auch, dass das öffentliche Bewusstsein für die Bedeutung der Baukultur und für die eigene Verantwortung gestärkt werden sollen. Immerhin gebe es in der Stadt einige hässliche Bauten, oder Verhüttelung von Plätzen, wo man sich frage, wie viel sich die Menschen noch gefallen lassen, so Planungsdirektor Thomas Madreiter bei der Präsentation.
Außerdem wird neben Beteiligung auch das "Lernen" in den Vordergrund gestellt. Schon Schülern soll mit Projekten wie "was schafft raum" Baukultur näher gebracht werden.
Dass Baukultur viele Gruppen betrifft, war auch bei der anschließenden Diskussion zu bemerken. Architekten stellen andere Anforderungen als Bürgerinitiativen, und die Behörden haben wiederum eigene Rahmenbedingungen, denen sie unterworfen sind, oder die Bezirke, die letztendlich für den öffentlichen Raum zuständig sind.