Tirols Landeshauptmann Günther Platter führt noch diese Woche mit allen Parteien Sondierungsgespräche für eine Regierungsbildung.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Innsbruck/Wien. Die Tiroler Landtagswahl vom vergangenen Sonntag hat fast ausschließlich Sieger hervorgebracht. Das war möglich, weil mit Vorwärts und Stronach, die beide nicht mehr angetreten sind, 19 Prozent zu verteilen waren. Landeshauptmann Günther Platter ging gestärkt daraus hervor und hat nun die luxuriöse Ausgangslage, mit allen anderen Parteien eine Koalition bilden zu können. Und mit Ausnahme der Liste Fritz, die auf keinen Fall in die Regierung will, drängen alle in die Landesregierung.
Bereits am Montag tagte der Tiroler ÖVP-Vorstand: Dort wurde vereinbart, dass Platter noch diese Woche mit allen Parteien - in der Reihenfolge der Stärke: SPÖ, FPÖ, Grüne, Neos, Liste Fritz - Sondierungsgespräche führen wird. Eine Koalitionspräferenz wollte Platter auch am Montag nicht abgeben.
Die ÖVP erreichte von den 36 Landtagssitzen 17 Mandate (plus 1 gegenüber der Landtagswahl 2013), die SPÖ erhielt Platz zwei und 6 Mandate (plus 1), die FPÖ kam auf 5 Mandate (plus 1), die Grünen erhielten 4 Mandate (minus 1), die Neos schafften den Einzug mit 2 Mandaten und sind nun in vier Landtagen vertreten, die Liste Fritz ist mit 2 Mandaten wieder dabei.
Neos ziehen in den vierten Landtag ein
Einen "Startvorteil" für die Grünen als bisherigen Koalitionspartner gebe es nicht. "Alle sind am gleichen Start. Da gibt es keine Unterschiede", sagte der Landeshauptmann. Er betonte, dass es durchaus sein könne, dass nach der Sondierungsrunde weitere Gespräche notwendig sein werden, bevor es zu einer Entscheidung für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen kommt: "Alles ist möglich." Die Frage, ob auch die Neos trotz nur eines Mandats Überhang als Koalitionspartner infrage kommen, wollte der Landeshauptmann nicht konkret beantworten, meinte aber: "Es geht nicht nur um die Regierungsbildung, sondern auch um die Ausrichtung des Tiroler Landtages in den nächsten fünf Jahren. Es gibt sehr viele Themen, wo wir auch eine Übereinstimmung mit der Opposition brauchen, etwa in der Verkehrsfrage. Da braucht es Geschlossenheit." Deshalb handle es sich auch nicht um "klassische Sondierungsgespräche", erklärte Platter. Auch mit der Liste Fritz hätte die ÖVP nur ein Mandat Überhang im Landtag, aber die Liste Fritz hat sich schon im Vorfeld auf die Opposition festgelegt.
Der Tiroler ÖVP-Chef ortete jedenfalls eine "große Freude" über das Wahlergebnis im Landesparteivorstand: "Es war eine super Stimmung. Die Kampagne wurde unglaublich gelobt. Nur zufriedene Gesichter."
Platter ist nun seit zehn Jahren Landeshauptmann und kann - gestärkt durch das Wahlergebnis - auf weitere fünf Jahre mit möglicherweise mehr Mitsprache im Bund blicken. Wenn man die Wahlmotive betrachtet, ist er derjenige, der als Person am meisten punkten konnte. Die ÖVP-Wähler haben mit 32 Prozent die Person des Spitzenkandidaten als Wahlmotiv angegeben, bei der SPÖ war Elisabeth Blanik immerhin für 10 Prozent ausschlaggebend, bei FPÖ und Grünen spielten die Spitzenkandidaten fast keine Rolle.
Bundespolitisch hat die Tirol-Wahl keine Auswirkungen, schließlich machen die Wahlberechtigten in Tirol bundesweit nur zehn Prozent aus. Eine gewisse bundespolitische Bedeutung könnte die Entscheidung über die Koalition haben. Innerhalb der Tiroler ÖVP soll es eine Präferenz dafür geben, Schwarz-Grün fortzusetzen. Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe hat die 10 Prozent übersprungen und damit ihre Vorgabe für Regierungsverhandlungen erreicht. Für die Grünen ist eine Regierungsbeteiligung in Tirol aus bundespolitischer Sicht fast überlebensnotwendig. Denn sie brauchen eine starke Verankerung in den Ländern, um sichtbar zu bleiben. Noch sind sie in Wien, Vorarlberg, Kärnten, Salzburg und Tirol in der Regierung.
Grünen droht Verlust des Klubstatus
Im Bund droht den Grünen außerdem durch den Mandatsverlust in Tirol weiteres Ungemach: Damit sinken sie auf drei Bundesratsmandate und verlieren prinzipiell auch den Fraktionsstatus - und die dafür bezahlte Klubförderung von zuletzt insgesamt 361.000 Euro pro Jahr. Es sei denn, der Bundesrat beschließt, ihnen den Klubstatus auch mit nur drei Mandataren plus den drei EU-Abgeordneten zuzugestehen.
Allerdings gibt es Beobachter, die Platter eine gewisse Affinität zu einer schwarz-roten Koalition nachsagen. Er macht das aber auch von den handelnden Personen abhängig. Blanik, die erst seit einem Jahr und vier Monaten Tiroler SPÖ-Chefin ist, drängt auf einen Einzug in die Landesregierung. Die Lienzer Bürgermeisterin hat die SPÖ aus ihrer Talsole herausgeholt und Platz zwei gesichert.
Die FPÖ blieb zwar hinter den Erwartungen, hat aber mit einem Plus von 6,2 Prozentpunkten die stärksten Zugewinne verzeichnen können. Eine Regierungsbeteiligung scheint unwahrscheinlich, schließlich ist Platter kein Verfechter von Schwarz-Blau - weder im Bund noch in den Ländern.