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Alles neu am Verwaltungsgericht

Von Wolfgang Gabler

Recht

Gastbeitrag: Mit einer Novelle sollen die Verwaltungsgerichte entlastet werden, die Verfahren verfassungskonform ablaufen.


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Wien. Einiges neu ist seit Jahresanfang im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Grund für die Novelle, die mit 1. Jänner in Kraft getreten ist, war die Aufhebung der Regelungen über die Verfahrenshilfe in § 40 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Die bisherige Fassung des § 40 VwGVG sah vor, dass einer Verfahrenspartei bei Vorliegen der gesetzlichen Erfordernisse nur im Verwaltungsstrafverfahren ein Verfahrenshilfeverteidiger beigegeben wurde. Diese Regelung verstieß gegen § 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), nach der auch in Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen die Verpflichtung zur Gewährung von Verfahrenshilfe besteht.

Die Neufassung der Verfahrenshilfe entspricht nun im Wesentlichen den Bestimmungen des zivilgerichtlichen Verfahrens. Bei einer Bescheid- oder Säumnisbeschwerde ist der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe bei der Behörde, bei einer Maßnahmenbeschwerde unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen. Über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe entscheidet das Verwaltungsgericht.

Mehr Verfahrenshilfen -längere Verfahrensdauer?

Im Vergleich zur bisherigen Rechtslage stellt die Neuregelung für Verfahrensparteien, die die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des Unterhalts selbst nicht tragen können, sicherlich eine große Hilfe dar, um ihre Rechte geltend machen zu können. Gleichzeitig ist im Hinblick auf die große Zahl von Asylsuchenden in Österreich zu befürchten, dass die Zahl der Verfahrenshilfen steigen wird und sich die Verfahrensdauern verlängern werden.

In Verfahren, die einem Rechtspfleger übertragen sind, entfällt durch die Novellierung die mündliche Verhandlung. Der Entfall wird damit begründet, dass ein Verfahren vor dem Rechtspfleger nicht die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK zu erfüllen vermag, weil kein unabhängiger Richter in der Sache entscheidet. Eine öffentliche mündliche Verhandlung muss jedoch dann durchgeführt werden, wenn gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Rechtspflegers Vorstellung beim zuständigen Mitglied des Verwaltungsgerichts erhoben wird und die Voraussetzungen für eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erfüllt sind.

Wenn bisher eine Vorstellung gegen die Entscheidung eines Rechtspflegers erhoben wurde, musste der zuständige Richter des Verwaltungsgerichtes in vielen Fällen eine mündliche Verhandlung durchführen, was dann dazu führte, dass die Sache vor dem Verwaltungsgericht zweimal verhandelt wurde. Insofern kann man davon ausgehen, dass die Novelle zu einer Verfahrensbeschleunigung führen wird.

Videokonferenz aucham Verwaltungsgericht

Als weitere Neuerung im Verfahren müssen jetzt Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Verwaltungsbehörde in Vollziehung der Gesetze (Verhaltensbeschwerden) wie Maßnahmenbeschwerden unmittelbar beim Verwaltungsgericht eingebracht werden.

Wie im zivil- und strafgerichtlichen Verfahren kann nunmehr auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten eine Einvernahme von Personen unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung (Videokonferenz) durchgeführt werden, außer das persönliche Erscheinen vor Gericht ist verfahrensökonomisch zweckmäßiger oder aus besonderen Gründen erforderlich.

Neu geregelt wurde schließlich die mündliche Verkündung von Gerichtsentscheidungen: Im Fall einer mündlichen Verkündung des Erkenntnisses durch das Verwaltungsgericht ist die Niederschrift über die mündliche Verhandlung allen zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) oder einer Beschwerde beim VfGH legitimierten Parteien und Organen auszufolgen oder zuzustellen. Der Niederschrift muss eine Belehrung angeschlossen sein, wonach binnen zwei Wochen nach Ausfolgung beziehungsweise Zustellung der Niederschrift eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses verlangt werden kann und dass ein solcher Antrag auf Ausfertigung Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim VwGH und der Beschwerde beim VfGH ist. Wurde das Erkenntnis bereits gegenüber einer Partei verkündet, kann ein Antrag auf Ausfertigung bereits ab Kenntnis der Gerichtsentscheidung gestellt werden.

Wird die Frist zur Stellung eines Antrages auf Ausfertigung einer Entscheidung deswegen versäumt, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrages nicht hingewiesen oder die Frist nicht angeführt wurde, ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

Rechtsmittel innerhalbvon 14 Tagen anmelden

Wenn auf die Revision beim VwGH oder die Beschwerde beim VfGH verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung beziehungsweise Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung des Erkenntnisses von mindestens einem hierzu Berechtigten beantragt wird, ist das Erkenntnis in einer gekürzten Form auszufertigen. Wenn der Verzicht nicht von einem berufsmäßigen Parteienvertreter oder im Beisein eines solchen abgegeben wurde, kann dieser Verzicht binnen drei Tagen schriftlich oder zur Niederschrift widerrufen werden. Ein Verzicht ist nur zulässig, wenn die Partei zuvor über die Folgen des Verzichts belehrt wurde.

Im Vergleich zur bisherigen Rechtslage ist nun eine Partei, die den VwGH oder den VfGH anrufen will, gezwungen, binnen 14 Tagen ihr Rechtsmittel anzumelden. Gleichzeitig erhält diese jetzt auch eine Belehrung, die auf das Erfordernis der Anmeldung hinweist, was für nicht anwaltlich vertretene Parteien sicherlich einen Gewinn an Rechtssicherheit bedeutet. Wenn auf ein Rechtsmittel verzichtet wird, ist nur noch eine gekürzte Fassung des Erkenntnisses auszufertigen, die außer im Verwaltungsstrafverfahren zwingend lediglich den Spruch und einen Hinweis auf den Verzicht auf die Anrufung der Höchstgerichte zu enthalten hat. Dies soll offenkundig den Aufwand bei den Verwaltungsgerichten reduzieren.

Die Novelle dient somit einerseits der Herstellung einer verfassungskonformen Rechtslage, andererseits der Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Zum Autor

Wolfgang Gabler

ist Rechtsanwalt bei Hule Bachmayr-Heyda Nordberg. Seine Schwerpunkte liegen im Öffentlichen Recht, Immobilien- und Unternehmensrecht.