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Alles neu bei der Bilanz

Von Daniela Heilinger und Gerhard Fremgen

Recht

Gastbeitrag: Das Rechnungslegungsänderungsgesetz 2014 wird mit den Jahresabschlüssen 2016 erstmals schlagend. Durch die Modernisierung des Bilanzrechts ergeben sich erhebliche Änderungen - die wichtigsten Fragen und Antworten.


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Wien. Mit dem Rechnungslegungsänderungsgesetz 2014 (RÄG 2014) wurde die EU-Bilanzrichtlinie (2013/34/EU) in nationales Recht umgesetzt. Durch die Modernisierung des Bilanzrechts ergeben sich erhebliche Änderungen für den Jahresabschluss 2016. Mit den neuen Regelungen werden unter anderem nationale Bilanzierungsvorschriften an internationale Standards (IFRS) als auch an Bewertungen im Steuerrecht herangeführt. Doch die Herausforderungen stecken im Detail.

Das RÄG 2014 wird erstmals für Abschlüsse mit Regelbilanzstichtag 31. Dezember 2016 schlagend. Die Auswirkungen der neuen Vorschriften auf den Jahresabschluss 2016 können beachtlich sein und sind individuell zu analysieren. Spätestens jetzt besteht Handlungsbedarf und es sollten die Folgen der Änderung von Bewertungs- und Ansatzregelungen sowie der neuen Begriffsdefinitionen auf Bilanzkennzahlen, welche beispielsweise für Kreditverträge und Prämienvereinbarungen relevant sind, evaluiert werden.

Kernstücke der neuen Vorschriften sind die neuen Regelungen zur Bilanzierung von Rückstellungen und bei mittelgroßen und großen Gesellschaften die nunmehr verpflichtende Aktivierung der aktiven latenten Steuern. Etwaige Differenzbeträge zur bisherigen Bilanzierungspraxis können wahlweise im Jahr 2016 zur Gänze erfolgswirksam erfasst oder auf längstens fünf Jahre verteilt im Jahresabschluss berücksichtig werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Nach dem RÄG 2014 sind Umsatzerlöse ohne Rücksicht darauf zu ermitteln, ob sie für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit typisch sind oder nicht. Tendenziell wird es daher zu einer Erhöhung der Umsatzerlöse kommen. Da die Umsatzerlöse für die Bestimmung der Größenklassen relevant sind, können die Schwellenwerte früher überschritten werden. Weiterhin unter den sonstigen betrieblichen Erträgen sind jedoch beispielsweise Erträge aus dem Verkauf von Anlagevermögen und Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen auszuweisen. Zusätzlich ist zu beachten, dass auch die Vorjahreswerte entsprechend der neuen Begriffsdefinition im Jahresabschluss 2016 darzustellen und daher anzupassen sind.

Unversteuerte Rücklagen, welche bislang lediglich aufgrund steuerrechtlicher Sondervorschriften in österreichischen unternehmensrechtlichen Jahresabschlüssen bilanziert wurden, werden im Jahresabschluss 2016 nicht mehr ausgewiesen. Sie sind - nach Abzug der latenten Steuern - direkt in die Gewinnrücklagen einzustellen, die Vorjahreswerte sind entsprechend anzupassen. Um negative steuerliche Konsequenzen aus der unternehmensrechtlichen Abschaffung des Bilanzpostens zu vermeiden, kann steuerlich eine Rücklage gebildet werden, welche gemäß den bisherigen Regelungen fortzuführen ist.

Entgegen dem bisherigen Aktivierungswahlrecht für aktive Steuerlatenzen sieht das RÄG 2014 nunmehr für mittelgroße und große Unternehmen eine Aktivierungspflicht vor. Neu dabei ist, dass zukünftige Vorteile aus steuerlichen Verlustvorträgen mitberücksichtigt werden können. Voraussetzung für die Aktivierung von Verlustvorträgen ist, dass ausreichend substanzielle Hinweis über positive Ergebnisse in der Zukunft und daher über die künftige Verwertbarkeit der Verlustvorträge vorliegen.

Rückstellungen sind ab 2016 mit ihrem Erfüllungsbetrag unter Berücksichtigung zukünftiger Preis- und Kostenentwicklungen anzusetzen. Bei einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr hat eine Abzinsung mit einem marktüblichen Zinssatz zu erfolgen.

Rückstellungen für Pensionen waren auch bislang schon nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ermitteln, künftig auch Rückstellungen für Abfertigungen und Jubiläumsgelder. Nur wenn die vereinfachte finanzmathematische Berechnung zu keinen wesentlichen Unterschieden zur versicherungsmathematischen Variante führt, kann diese weiterhin angewendet werden. Anstelle des bisher verwendeten Realzinssatzes ist künftig ein angemessener Nominalzinssatz heranzuziehen, wobei entweder der jeweilige Zinssatz zum Bilanzstichtag oder ein Durchschnittszinssatz heranzuziehen ist. Bei der Wahl des Zinssatzes ist zu bedenken, dass der Durchschnittszinssatz langfristig weiter sinken und auch ein zukünftiger Anstieg nur zeitverzögert Auswirkungen haben wird. Allerdings führt ein Stichtagszinssatz zu größeren ergebniswirksamen Schwankungen der Rückstellungshöhe.

Zahlreiche weitere Detailssind zu beachten

All das klingt schon kompliziert, es sind aber noch einige Details mehr zu beachten: Da durch das Heranziehen eines Nominalzinssatzes zukünftige Gehaltssteigerungen nicht mehr implizit im Zinssatz berücksichtigt werden, müssen diese bei der Berechnung der Rückstellungen gesondert beachtet werden. Dabei sind neben den kollektivvertraglichen Erhöhungen auch übliche Gehaltssprünge und Karriereverläufe zu berücksichtigen. Zudem sind Fluktuationsabschläge nur zu berücksichtigen, wenn geeignete und verlässliche statistische Informationen vorliegen.

Durch die zahlreichen Wahlrechte und unterschiedlichen Berechnungsmöglichkeiten kann sich in Abhängigkeit der gewählten Methode ein betraglich maßgeblich anderer Rückstellungsbetrag ergeben. Die im Jahr 2016 gewählte Vorgehensweise ist jedoch auf Grund des Stetigkeitsgebots auch für die folgenden Abschlüsse bindend, weshalb die Auswirkungen der unterschiedlichen Möglichkeiten rechtzeitig analysiert werden sollten.

Zu den Autoren

Daniela Heilinger

ist seit 2015 Director bei der BDO Austria GmbH mit Sitz in Wien, ihr Schwerpunkt liegt auf der Steuerberatung in den Bereichen Unternehmensbesteuerung, Kapitalvermögensbesteuerung und internationalen Verrechnungspreisfragen.

Gerhard Fremgen

ist seit 2015 Director bei der BDO Austria, seine Schwerpunkte liegen unter anderem auf der Einzel- und Konzernabschlussprüfung nach UGB und IFRS, der internationalen Rechnungslegung und Beratung bei Kapitalmarkttransaktionen. Fotos:BDO

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Welche Änderungen gibt es bei den Rückstellungen?

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Wie werden künftig die Umsatzerlöse definiert?

Welche Änderungen ergeben sich bei den latenten Steuern?

Welche Bilanzposten entfallen, um österreichische Abschlüsse international vergleichbar zu machen?