Zum Hauptinhalt springen

Alles Profi oder was?

Von Veronika Eschbacher

Politik
Auf Rekruten wird ab Dezember an sechs Standorten des Bundesheeres verzichtet.
© © Stanislav Jenis

Erste Zwischenbilanz über Pilotprojekte beim Bundesheer.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Seit Jahresbeginn probt das österreichische Bundesheer auf Initiative des SPÖ-Verteidigungsministers Norbert Darabos den Ernstfall: ein Leben ohne Wehrpflicht. In drei Pilotprojekten wird seither getestet, ob eine Umstellung auf ein Berufsheer in Österreich gelingen könnte. Das wenig überraschende Fazit Darabos’, der Mittwoch in Wien eine Zwischenbilanz präsentierte: "Ja, die Umstellung ist möglich." Indes ist der Terminus "Profi" von den Koalitionspartnern ÖVP und SPÖ schwer umkämpft.

Seit Jahresanfang wird im Zuge der Pilotprojekte eine Freiwilligen-Miliz rekrutiert, sechs Liegenschaften ohne Grundwehrdiener betrieben sowie an der Aufstellung eines "Musterverbandes" in Bataillonsgröße gearbeitet.

Mit der neuen "Profi-Miliz", deren erste Übungen ab November stattfinden, "wird die Katastrophenhilfe sogar noch besser gewährleistet", gibt sich Darabos überzeugt. 2000 Freiwilligenmeldungen seien bisher eingegangen. Von 166 bisher überprüften Freiwilligen haben 128 die Aufnahmekriterien erfüllt. Das Berufsheer-Modell von Darabos sieht eine Freiwilligen-Miliz mit 9300 Soldaten vor. Würde man diese Anzahl mit der gleichen Auswahlrate wie beim Pilotprojekt rekrutieren, bräuchte man allerdings mehr als 145.000 Freiwilligenmeldungen und bei gleichem Rekrutierungstempo - 48 Jahre.

Der Kommandant des Truppenübungsplatzes Seetaler Alpe, Oberst Manfred Hofer, verzichtet ab Dezember auf seine bisher 100 Grundwehrdiener im Jahr. Diese kosteten den Steuerzahler bis dato jährlich 600.000 Euro. Einsparung ist jedoch keine zu erwarten, schließlich müssen die Rekruten ersetzt werden. Laut Hofer will man kostenneutral aussteigen. Die fehlenden Kräfte sollen durch die Auslagerung von Aufgaben, technische Verbesserungen oder Leiharbeiter kompensiert werden. Auch drei zivile Arbeitskräfte aus der Region wurden auf der Seetaler Alpe aufgenommen, so Hofer. Was mit diesen im Falle einer weiterbestehenden Wehrpflicht geschieht? "Es ist davon auszugehen, dass sie ihren Arbeitsplatz behalten", so Dietmar Rust vom Verteidigungsministerium zur "Wiener Zeitung". Denn: Von beiden Seiten - Berufsheerbefürwortern und Wehrpflichtverteidigern - wäre klargestellt worden, dass ohnehin Reformbedarf im Grundwehrdienersystem bestünde.

Objektive Information?

Irritationen entstanden indes um den Terminus "Profi". Das Programmheft des Verteidigungsministeriums für den Nationalfeiertag am Heldenplatz, titelt mit "Profis bringen mehr Sicherheit". Weiter liest man: "Die Pilotprojekte sind ein erster Schritt, um weitere Erfahrungswerte zur Thematik ,Professionalisierung der Streitkräfte‘ zu erlangen." Der Koalitionspartner ÖVP erkennt darin einen Bruch der Abmachung, objektiv über das jeweilig bevorzugte System zu informieren. Denn: Das Werbemittel sei eine eindeutige Werbung für das Berufsheer.

Der Sprecher von Darabos, Stefan Hirsch, tut dies als "Ablenkungsmanöver" ab und schießt gleich in Richtung ÖVP zurück, ob man denn nicht mehr der Ansicht sei, dass das Bundesheer aus Profis bestünde und diese auch Sicherheit brächten. Minister Darabos selbst wiederum bezeichnete Mittwoch seine Pilotprojekte, die ja Richtung Berufsheer führen sollen, als "Profi-Miliz" und führt das Musterbataillon unter dem Titel "Professionalisierung von Verbänden".

Zur Streitfrage, wer denn die Profis nun wirklich seien, meinte der Darabos-Sprecher zur "Wiener Zeitung": "Wir haben bereits jetzt mehr als 14.000 Profis beim Bundesheer - die von der ÖVP als Söldner diffamiert werden. Ein Berufsheer sorgt für noch mehr Professionalisierung, weil es nur noch ausschließlich gut ausgebildete Profis gibt."