Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Nun, er ist ja ohnehin nicht als der größte Sonnenschein bekannt. Der französische Schriftsteller Michel Houellebecq ist nicht unbedingt der Garant für optimistische Voraussagen über gesellschaftliche Entwicklungen. Nun ist er seinem Image wieder einmal gerecht geworden. In einem Brief, den er an den Radiosender France Inter geschrieben hat, hat er sein düsteres Weltbild bestätigt. Offenbar genervt von manchen positiven Vibes hat er klargestellt, dass er nicht an eine bessere Welt nach der Corona-Krise glaubt. "Wir werden nach der Eindämmung nicht in einer neuen Welt aufwachen; es wird die gleiche sein, nur ein wenig schlimmer."
Houellebecq sieht eine Tendenz zur Beschleunigung von Vereinsamung und Entfremdung. "Seit einigen Jahren haben alle technologischen Entwicklungen, ob kleine (Video on Demand, kontaktloses Bezahlen) oder große (Telearbeit, Internet-Shopping, Soziale Netzwerke) die Reduzierung materieller und insbesondere menschlicher Kontakte (als Hauptziel?) zur Folge." Die Pandemie diene als großartiger Vorwand für diese folgenschwere Entwicklung.
Das klingt dann doch ein bisschen nach Verschwörungstheorie. Nach durchaus elaborierter, sogar für eine Netflix-Serie brauchbarer Verschwörungstheorie. Aber mehr dann auch nicht. Wahrscheinlich ist Houellebecq nur sauer, dass er diesmal - anders, als ihm bei "Unterwerfung" zugestanden wurde - nicht unter jenen Autoren ist, die vorhergesehen haben, was passiert.