Vom Irak hört man derzeit vor allem wegen der Eskalation der Gewalt und dem Ringen der Besatzer unter US-Führung. Die irakische Politikerin Safia Al-Souhail spricht bei einer Pressekonferenz in Wien aber von einer Befreiung ihres Landes. Die Amerikaner hätten seither aber einige Fehler gemacht, da ihnen die irakische Kultur fremd sei. Die EU fordert sie auf, ihre Animositäten gegenüber der US-Politik nicht auf dem Rücken der Iraker auszutragen.
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"Der Irak braucht Hilfe", sagt Al-Souhail offen. Sie fordert die EU auf, die Iraker zu unterstützen. Die Rivalität einiger EU-Länder mit den USA müsse zugunsten des irakischen Volkes aus dem Irak herausgehalten werden, appelliert sie.
Wortspiele bezüglich "Besatzung" oder "Befreiung", wie sie gerne in der arabischen Welt strapaziert werden, hält sie für entbehrlich. "Wir haben jahrelang arabische Länder um Hilfe gebeten, und die haben uns im Stich gelassen", sagt Al-Souhail, "befreit haben uns die Alliierten". Seither seien den Amerikanern allerdings Fehler unterlaufen, da sie das Land nicht kennen und die Kultur nicht verstehen. Die Kontrolle müsse daher rasch den Irakern übergeben werden, um die Sicherheit wieder herzustellen. "Wir können das ganz anders anpacken", sagt sie.
Die derzeitige Situation sei frustrierend, da der irakische Regierungsrat nach jeder Entscheidung erst den US-Verwalter Paul Bremer um Erlaubnis fragen muss, was häufig zu Spannungen führt. Weiters habe nur die Hälfte der 25 Ratsmitglieder tatsächlich Rückhalt in der Bevölkerung, während die anderen US-Vertraute seien. Ahmed Chalabi etwa sei mehr Geschäftsmann als Politiker, was sie für unvereinbar hält.
Eine Gefahr wittert Al-Souhail in den tausenden, völlig verarmten, ehemaligen irakischen Soldaten. Frühere Baath-Führer, die über Geld und Waffenlager verfügten und schon jetzt für einen guten Teil des Widerstands gegen die US-Truppen verantwortlich seien, könnten leicht eine große Zahl Widerstandskämpfer aus dem Heer der arbeitslosen Militärs rekrutieren, warnt die Politikerin.
Al-Souhail gilt als mögliche Nachfolgerin für die im September ermordete Akila al-Hashimi im irakischen Regierungsrat. Sie selbst schätzt ihre Chancen dafür aber nicht besonders hoch ein.
Die Wiener Journalistin Johanna Awad-Geissler hat den Lebensbericht Al-Souhails aufgezeichnet: "Safia - eine Scheichtochter kämpft für ihr Land", Verlag Droemer-Knaur, München.