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Alltägliches Bagdad

Von Sabine Ertl

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Kein Tag vergeht, ohne dass sich nicht die Spirale von Hass und Gewalt im Irak weiterdreht. Viele TV-Sender haben sich mittlerweile an die gleichen Bilder gewöhnt, sie sind ohnehin von Tag zu Tag nur geringfügig abzuändern.

Auch hängt es von vielen Faktoren ab, wie viel wir von diesen Medienrealitäten präsentiert bekommen, nicht zuletzt von der Zahl der Toten auf Seiten der Guten, der Bösen oder der Zivilbevölkerung. Für letztere interessieren sich wenige. Nicht so der französische Filmemacher Romain Goupil: Um den Alltag der Bagdader zu skizzieren, heftete er sich für Wochen an die Fersen von Abbas ad Roubaji, seiner Frau Yasmine und ihren Kindern. Das Ergebnis ist als Doku-Serie "Bagdad: Leben und Überleben" diese Woche täglich auf arte zu sehen. Im Mittelpunkt des ersten Teils steht das Familienoberhaupt Abbas, der in Saddams Republikanischer Garde diente und sich jetzt als Lieferant durchschlägt. Goupil filmt puren Alltag: Vom Aufstehen, dem gemeinsamen Essen, Existenzängsten, Verkehrschaos, Schulproblemen der Kinder. Wie bei uns auch, möchte man meinen. Nicht ganz, denn Goupil vergisst nicht darauf, dass der Irak ein Land im Ausnahmezustand ist, es wirkt lebendig, ist aber ausgebrannt.

Ein Spiegelbild ist Abbas, er lamentiert ständig ("Ich bin erschöpft, dieses Land ist am Ende."). 2005 will Goupil nachsehen, wie es Familie Abbas ergangen ist. Vorerst hat er mit Fingerspitzengefühl und wenigen Worten ein Kontrastprogramm zu der gängigen Berichterstattung geschaffen.