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Alpine-Pleite: Lostag nach dem Sommer

Von Karl Leban

Wirtschaft
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Insolvenzverwalter muss für Gläubiger auch Zerschlagungsszenario durchrechnen.


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Wien. Insolvenzverwalter Stefan Riehl hat bei der Alpine Bau über den Sommer eine Mammutarbeit zu bewältigen. Am 12. September stimmen die Gläubiger darüber ab, ob der Sanierungsplan des Unternehmens und die angebotene Befriedigungsquote in Höhe von 20 Prozent angemessen sind. Bis zu diesem Lostag bleibt Riehl nicht viel Zeit.

So muss er sich zum einen ein Bild von der gesamten Vermögenslage der Alpine machen, indem er die Werte aller rund 260 in- und ausländischen Töchter und Beteiligungen festzustellen hat (siehe unten stehende Grafik). Zum anderen muss Riehl prüfen, welche Alpine-Baustellen aufzugeben und welche weiterzuführen sind. Dabei geht es um hunderte.

Vor allem aber "muss er auch ein Zerschlagungsszenario durchrechnen", sagt Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform zur "Wiener Zeitung". Falls diese Rechnung ergibt, dass eine Liquidierung des Unternehmens eine höhere Quote für die Gläubiger erbrächte als die angebotene, wäre die Alpine gezwungen, ihr Angebot von 20 Prozent nachbessern, damit die Gläubiger ihrem Sanierungsplan mehrheitlich zustimmen.

Wie berichtet, sieht dieser Plan den Weiterbestand des Unternehmens in einer "Schrumpfversion" vor. Alle gesunden Geschäftsteile sollen demnach ausgegliedert und in einen neuen Baukonzern eingebracht werden, während jene Teile, die Verlustbringer sind, abgewickelt werden sollen.

Gespräche mit Management

Einen ersten Bericht wird der Insolvenzverwalter den Gläubigern am 4. Juli präsentieren. Die Alpine Bau beziffert ihre Verbindlichkeiten auf 2,563 Milliarden Euro. Ob diese Summe noch höher oder tiefer ausfällt, bleibt abzuwarten. Denn die Gläubiger - vorläufig ist von insgesamt rund 8000 die Rede - haben bis 29. August Zeit, ihre Forderungen beim Insolvenzgericht offiziell anzumelden. Ob diese berechtigt sind, wird anschließend geprüft.

Nach Informationen der "Wiener Zeitung" hat Riehl am Donnerstag nicht nur erste Gespräche mit dem Alpine-Management geführt, sondern bei Gericht bereits auch die Bestellung eines Gläubigerausschusses beantragt. Diesem Ausschuss gehören neben Unicredit Bank Austria und Erste Bank die Gläubigerschutzverbände KSV, AKV und Creditreform an - aber auch der Insolvenzschutzverband für ArbeitnehmerInnen sowie die Finanzprokurator als Vertreterin des Bundes, der wegen schlagend gewordener Kredit-Haftungen für 150 Millionen Euro geradestehen muss und als einer der größten Gläubiger gilt.

Im Übrigen sind die Gläubigerschutzverbände gerade am Rechnen, welche Alpine-Lieferanten in welchem Ausmaß nun von der Insolvenz betroffen sind. Bei der Alpine selbst spricht man von rund 1500 Zulieferern und ebenso vielen Subunternehmen, die ein Geschäftsvolumen von jeweils mehr als 100.000 Euro mit den Salzburgern abwickeln.

Strabag hat kein Interesse

Noch offen ist derzeit das Schicksal von rund 4900 Alpine-Mitarbeitern, die von der Pleite direkt betroffen sind. Seit Mittwoch wird an Lösungen gefeilt. Geplant ist, "möglichst viele Mitarbeiter" weiterzubeschäftigen, sagte der Chef der Gewerkschaft Bau/Holz, Josef Muchitsch, am Tag eins nach der Insolvenz.

Während sich heimische Baukonzerne wie Habau und Porr bereits auf die Lauer gelegt haben, um allenfalls das eine oder andere Filetstück der Alpine zu ergattern (oder gar alles), winkt Österreichs größtes Bauunternehmen, die Strabag, als weiterer möglicher Interessent ab. "Wir sind grundsätzlich nicht interessiert, weil wir in Österreich bereits in allen Bausegmenten marktführend sind und glauben, überall gut aufgestellt zu sein", sagt Pressesprecherin Diana Neumüller-Klein zur "Wiener Zeitung". Die Strabag hat hierzulande im stark fragmentierten Bausektor einen Marktanteil von sechs Prozent und ist damit Nummer eins (vor der Alpine und der Porr).

Apropos Porr: Nicht zuletzt wegen der Alpine-Insolvenz, von der auch Anleihen-Zeichner betroffen sind, hat der Wiener Baukonzern am Donnerstag eine geplante Anleihen-Emission im Volumen von 150 Millionen Euro auf Eis gelegt. "Wir haben unsere Anleihen-Pläne auf unbestimmte Zeit verschoben", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters Porr-Chef Karl-Heinz Strauss.