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Alptraum Irak, aber George W. Bush hofft noch immer auf einen Sieg

Von Rainer Mayerhofer

Analysen

Die Lehre aus dem Vietnamkrieg für den Irak sei, dass man Geduld haben müsse, meinte US-Präsident George W. Bush am Freitag nach seiner Ankunft in Hanoi. "Wir werden erfolgreich sein, wenn wir nicht einfach aufgeben" heißt das simple Rezept des obersten amerikanischen Kriegsherrn.


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Allerdings folgen nur mehr 31 Prozent der Amerikaner ihrem Präsidenten in seiner Einschätzung der Lage im Irak. Die Zustimmung ist damit innerhalb eines Monats um weitere fünf Prozent gesunken. Und jeder tote amerikanische Soldat - bis Freitag waren 2863 Amerikaner im Irak gefallen - arbeitet gegen Bush, der nach der Wahlschlappe seiner Republikaner den vermeintlich Hauptverantwortlichen für das Desaster im Irak, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, entgegen allen früheren Behauptungen in die Pension geschickt hat.

Bush war vor dem Beginn des Irak-Krieges gewarnt worden, dass die labilen politischen und ethnischen Verhältnisse im Irak bei einem Eingreifen von außen leicht in einen Bürgerkrieg abgleiten könnten. Die Massenentführungen der letzten Tage und ihre Begleitumstände haben diese Gefahr einmal mehr aufgezeigt. Der Entführung von mehr als hundert sunnitischen Bediensteten des Bildungsministeriums aus einem Regierungsgebäude folgte nur zwei Tage später das Kidnapping dutzender Schiiten aus öffentlichen Verkehrsmitteln und ihre Ermordung. Die irakischen Sicherheitskräfte, die selbst ununterbrochen blutigen Anschlägen ausgesetzt sind, haben bei diesen Ereignissen tatenlos zugesehen oder waren sogar - wie manche argwöhnen - darin verwickelt.

Zwei der engsten Verbündeten Bushs im Irak-Krieg - Spanien und Italien - haben nach einem politischen Wechsel ihr Engagement im Irak eingestellt. Die Bush-Verbündeten Großbritannien und Australien, die noch dabei sind, haben angesichts der ausweglosen Lage erkannt, dass das Irak-Problem nicht isoliert zu lösen ist. Die Vorschläge des britischen Premiers Tony Blair und des australischen Ministerpräsidenten John Howard, Syrien und den Iran in eine Lösung durch Gespräche miteinzubeziehen, stoßen bisher in Washington auf wenig Gegenliebe. Bushs Außenministerin Condoleezza Rice meinte erst jüngst, der Irak habe mit den anderen Problemen im Nahen Osten nichts zu tun. Wenn das nicht propagandistische Notwehr war, ist es wohl eine der krassesten Fehleinschätzungen, die für die kommende Nahost-Politik der USA wenig Gutes erwarten lassen.

Durch Zugeständnisse der USA an Russland - etwa in der Frage der WTO-Mitgliedschaft - versucht die Regierung Bush zwar, Moskau günstig zu stimmen, hat aber bisher nicht einmal erreicht, dass Russland den Sanktionen gegen den Iran zustimmt, für die sich Bush & Co seit Monaten stark machen.

Angesichts der geänderten Machtverhältnisse im US-Kongress dürfte es Bush schwer fallen, die Lage einfach auszusitzen.