Saddams Sprachrohr war durch nichts zu erschüttern. | Von riesiger Fangemeinde umjubelt. | Wien. Wenige Stunden nach Ablauf des Ultimatums detonierten die ersten Marschflugkörper im Zentrum Bagdads: Am 20. März 2003, genau vor sieben Jahren, startete US-Präsident George W. Bush seinen Rachefeldzug gegen Saddam Hussein. Alliierte Verbände stießen auf breiter Front in Richtung Bagdad vor, ohne dass die irakische Armee je den Funken einer Chance gehabt hätte.
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In dieser völlig hoffnungslosen Situation schlug die Stunde von Informationsminister Mohammed Saeed al-Sahhaf, der schnell als das heitere Gesicht des Krieges berühmt wurde. Wie einst Joseph Goebbels war "Comical Ali" oder "Bagdad Bob", wie er liebevoll genannt wurde, völlig vom Endsieg überzeugt. Ganz anders als der Deutsche wurde er deshalb weltweit gefeiert.
"Wie Boa zerstückeln"
Die Behauptungen des Ex-Außenministers, der wegen undiplomatischer Ausritte die Informationsagenden übernehmen musste, wurden mit Verlauf des Krieges immer kühner. "Wir fangen die Cruise Missiles wie Fische in einem Fluss", gab er sich zu Beginn noch bescheiden. "Die glorreiche irakische Armee wird den Eindringlingen den Garaus machen", tönte der stets von einer Journalistenhorde umlagerte Mann später. Die "Cowboys und Al Capones" würden "unter den Mauern Bagdads Selbstmord begehen", kommentierte der beliebte Illusionist die militärische Lage auch dann noch, als sie längst aussichtslos war. Man werde "die Ungläubigen wie eine Boa strecken und zerstückeln", ließ Al Sahhaf niemals Platz für Zweifel.
Eine anonyme Ägypterin sagte später dankbar, der irakische Informationsminister sei die einzige Unterhaltung gewesen, "die wir in diesem gottlosen Krieg erhalten" hätten. Eigene Sahhaf-Websites schossen aus dem Boden, die mit bis zu 4000 Hits pro Sekunde bald völlig überlastet waren. Fanclubs formierten sich, die al-sahhafschen Parolen wurden mit Musik unterlegt und weltweit in den Diskotheken abgespielt.
"Wir haben sie in ihren Panzern gefangen" schoss der gnadenlose Informationsbeauftragte auch dann noch Breitseiten gegen den Gegner, als dieser bereits vor laufenden TV-Kameras in Reih und Glied durch Bagdad marschierte. "Ich habe keine Angst. Sie brauchen auch keine zu haben", fand Sahhaf noch kurz vor Ladenschluss die richtigen Worte und hatte die Größe, auch den westlichen Journalisten Mut zuzusprechen. Das war am 8. April 2003. Am 9. April, als die Amerikaner endgültig die Kontrolle übernahmen, erschien der Minister nicht mehr zur Arbeit. Er sei untergetaucht, hieß es, seinen Mitarbeiter soll er befohlen haben, bis 3.00 Uhr früh weiterzusenden. Als die Amerikaner das Funkhaus eroberten, blieb das irakische Fernsehen mit einem verzerrten Standbild Al Sahhafs stehen.
Heute lebt der mittlerweile 70-Jährige glücklich mit seiner Familie in den Vereinigten Arabischen Emiraten - und schreibt an seinen Memoiren.