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Es ist ein alter politischer Trick: Kommst du mit einem Thema in die Defensive, lanciere einen möglichst brisanten Vorschlag zu einem anderen Thema - und schon wird nur noch darüber diskutiert. Ein solcher Befreiungsschlag glückte zuletzt Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (ÖVP), die ihre persönlichen Ehe-Turbulenzen mit dem neuen Anti-Raucher-Gesetz sowie dem milliardenschweren Umschichtungspaket im Gesundheitsbereich gleich doppelt zuzudecken versuchte - was ihr im Großen und Ganzen gelang.
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Nach demselben Muster ging nun Verkehrsminister Werner Faymann (SPÖ) vor, der erstmals in seiner kurzen Amtszeit unter Druck stand: Einerseits war es eine erschreckende Unfallzahlen-Bilanz, deren Präsentation er als erster Minister noch dazu "schwänzte"; andererseits wurde er ob der mindestens doppelt so teuren Ablösen für die drei Asfinag-Vorstände gescholten.
Kein Wunder also, wenn sich Faymann ausgerechnet jetzt mit einem "Zehn-Punkte-Programm zur Verkehrssicherheit" die Schlagzeilen des Boulevards sichert: Dessen Highlights sind Führerscheinentzug schon ab 0,5 Promille sowie - Achtung Populismus! - härteres Vorgehen gegen ausländische Raser durch entsprechende Straferhöhungen.
Dass Faymann dabei als SPÖ-Regierungskoordinator ein kleines Koordinations-Missgeschick unterlief, darf zusätzlich als wohl kalkuliert angesehen werden. ÖVP-Innenminister Günther Platter wusste offenbar nichts von Faymanns Plänen, was für die nächsten Tage noch heiße innerkoalitionäre Debatten garantiert.
Eines zeigt das Vorgehen Faymanns aber ganz deutlich: Wer immer den bundespolitischen Newcomer bisher unterschätzt hat, ist endgültig eines Besseren belehrt. Der 47-jährige Ex-Wohnbaustadtrat von Wien ist nämlich nicht nur - anders als viele andere seiner Kollegen - Fettnäpfchenresistent, er verfügt auch über eine schier unbegrenzte Medienmacht.
Und als Liebling des Boulevards lebt es sich in turbulenten Koalitions-Zeiten fast ungeniert, was auch Faymanns starke Umfragewerte beweisen. Die Medienmacht des Verkehrsministers gründet sich vor allem auf seine lange Stadtrat-Regentschaft, bei der die Massenmedien üppig mit teuren Inseraten versorgt wurden, aus denen dann der Sunnyboy lächeln durfte. Dass dadurch vieles, was im Wiener Wohnbau falsch lief, zugedeckt wurde, steht auf einem anderen Blatt - und beschäftigt derzeit vor allem seinen Nachfolger.
Jedenfalls ist es Faymann bisher gelungen, sich als "Macher" und starken Mann zu präsentieren, der das über Jahre chaotische Infrastruktur-Ressort mit straffer Hand führt - und nebenbei scheinbare Fehlentscheidungen von früher korrigiert (siehe "Licht am Tag"). Und so empfiehlt er sich für höhere Weihen: Dass ihn die Nachfolge von Michael Häupl weiter reizt, ist ein offenes Geheimnis. Seite 14