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Als der Bauer frei wurde

Von Gerald Jatzek / WZ Online

Europaarchiv
Die Leibeigenen hatten keinen Besitz.

Die Abschaffung der Leibeigenschaft gilt den Russen als wichtigstes Datum in der Geschichte ihres Landes. Das geht aus einer Umfrage des renommierten Zentrums für Meinungsforschung (WZIOM) hervor. Mit dem Manifest Zar Alexanders II. endete vor 150 Jahren die Sklaverei in Europa.


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62 Prozent der Befragten aus 138 Gemeinden Russlands nannten bei einer Befragung die Aufhebung der Leibeigenschaft im Jahr 1861 das wichtigste historische Ereignis des Landes.

Als weitere wesentliche Geschehnisse stufen die Russen den Krieg gegen Napoleon (1812) und den Bau der ersten Eisenbahn im Jahre 1837 ein.

Aufgrund des Manifests über die Befreiung der leibeigenen Bauern und der begleitenden Gesetze erhielten die leibeigenen Bauern erstmals persönliche Rechte wie Heirat, Wechsel des Wohnorts und eigenständige Vertretung vor Gericht.

Vorangegangen waren die Niederlage Russlands im Krimkrieg, die die wirtschaftliche und technologische Schwäche des Landes aufgezeigt hatte, sowie wiederholte Aufstände der abfällig Muschiks genannten Leibeigenen.

Die Reform der Landwirtschaft blieb im russischen Feudalsystem allerdings nach der allergnädigsten Gewährung der Rechte freier ländlicher Bewohner für die leibeigenen Menschen vom 5. März 1861 in den Ansätzen stecken. Es kam zu einer hohen Verschuldung der Bauern, die das Land weiterhin von den adeligen Gutsherrn pachten mussten.

Karl Marx hatte dies bereits 1858 vorausgesehen und angemerkt: "Sich gegen die Knechtschaft erklären, aber die Befreiung nur unter solchen Bedingungen zulassen, durch die sie zu einem bloßen Betrug herabgewürdigt wird, diese Haltung scheint selbst bei dem liberalen russischen Adel Mode zu sein."