Man schrieb das Jahr 1990, die Klubchefs von SPÖ und ÖVP machten dem FPÖ-Kandidaten die Mauer, allein die Abgeordneten gingen eigene Wege.
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Das Schicksal Harald Ofners hat sich am Dienstag nicht wiederholt. Erwartungsgemäß, schließlich hat die FPÖ mit Norbert Hofer nach dem umstrittenen Martin Graf einen kaum polarisierenden Kandidaten ins Rennen um das Amt des Dritten Nationalratspräsidenten geschickt. Und SPÖ und ÖVP war es offensichtlich ein Anliegen, ein neues Kapitel in der Zusammenarbeit mit der Opposition im Allgemeinen und der FPÖ im Besonderen aufzuschlagen. 118 von 183 Stimmen waren in dieser Hinsicht durchaus ein Zeichen des guten Willens.
Das war keineswegs immer der Fall. Mit der Wandlung der Freiheitlichen zur populistischen Protestpartei und der Etablierung der Grünen nach 1986 rückte das Amt des Dritten Nationalratspräsidenten immer wieder in den Fokus innenpolitischer Scharmützel. Wobei jedoch der Hang von SPÖ und ÖVP, der parlamentarischen Tradition, nach der die Parteien nach Maßgabe ihrer Stärkeverhältnisse Anspruch auf Vertretung im Präsidium haben, den Vorrang einzuräumen, dafür sorgte, dass nur selten der Aufregung auch Taten folgten.
Einmal war das aber doch der Fall: 1990 beharrte die FPÖ auf Harald Ofner als Kandidaten, obwohl der ehemalige Justizminister der rot-blauen Koalition wegen seiner Verwicklung in den Lucona-Skandal sowie unbelegten Anwürfen gegen den damaligen niederösterreichischen Landeshauptmann Siegfried Ludwig schwer unter Beschuss stand. Die damaligen Klubchefs von SPÖ und ÖVP, Heinz Fischer und Fritz König, hielten an ihrer Unterstützung für Ofner fest . . .
Allein, die Abgeordneten zeigten seltenen Mut zur abweichenden Meinung, verweigerten Ofner die notwendige Mehrheit und wählten stattdessen Siegfried Dillersberger zum Dritten Präsidenten. Ein bis heute einzigartiges Novum in der Zweiten Republik.
Trotz seiner Wahl blieb Dillersberger bei seinem schon zuvor gefassten Beschluss, Ende 1990 zurückzutreten, was die FPÖ in die Lage versetzte, wieder selbst einen Kandidaten aus den eigenen Reihen für dieses Amt zu nominieren.
Die Wahl fiel auf Heide Schmidt, damals noch mit Parteichef Jörg Haider auf einer Linie. Das Ergebnis bei der geheimen Abstimmung fiel dementsprechend aus, die 70 gültigen Pro-Stimmen reichten jedoch zur notwendigen Mehrheit, wobei die Grünen die Wahl boykottierten und damit das Quorum senkten.
Fortan wurde es fast zur Gewohnheit, dass die Grünen einen Gegenkandidaten zum jeweiligen FPÖ-Bewerber ins Rennen schickten. Die, angesichts des politischen Selbstverständnisses im Hohen Haus, stets chancenlos waren. Nur einmal, 2006, profitierten die Grünen von dieser Tradition, als die Grünen drittstärkste Kraft wurden und mit Eva Glawischnig erstmals eine Grüne ins Präsidium einzog. 2008 war es damit allerdings schon wieder vorbei; die jetzige Klubchefin musste damals Martin Graf weichen; und als ob dies allein nicht schon schmerzhaft genug gewesen wäre für die grüne Seele, erreichte Graf mit 109 Stimmen auch noch ein besseres Wahlergebnis als Glawischnig zwei Jahre zuvor (93).