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Als Gruppe zu klagen soll vereinfacht werden

Von Martina Madner

Wirtschaft
Sammelklagen sind für Geschädigte des VW-Abgas-Skandals aktuell nicht möglich.
© fotolia/T. Reimer

Der Konsumentenschutz will ein neues Gesetz, die Wirtschaft ist dagegen.


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Wien. In den vergangenen beiden Regierungsübereinkommen standen sie am Plan. Im Justizministerium soll es ein fertig erarbeitetes Gesetz dazu geben. Beschlossen wurde sie nicht: die Gruppenklagen. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) und die Arbeiterkammer (AK) machen nun darauf aufmerksam, dass die Noch-SPÖ-ÖVP-Regierung die Gesetzesänderung noch vor den Wahlen auf Schiene bringen könnte.

"Die Gruppenklage ist ein Instrument, das sehr notwendig wäre, aber fehlt — siehe auch VW-Abgas-Skandal, wo die Sammelklage versagt", sagt Gabriele Zgubic, Leiterin der AK-Abteilung für Konsumentenschutz. Zwar gibt es aktuell die "Sammelklage österreichischer Prägung". Aber: Bei grenzüberschreitenden Fällen kann der Verbrauchergerichtsstand Österreich verloren gehen. Dieser ist nach EU-Recht zwar für Einzelne, nicht aber für juristische Personen gesichert.

Geschädigte müssen nach aktueller Rechtslage ihre Ansprüche an einen Sammelkläger, also eine juristische Person, abtreten. Im Falle von VW wären vermutlich deutsche Gerichte dafür zuständig, über eventuelle Schadenersatzansprüche zu entscheiden.

Weniger Kosten bei Gruppenklagen

Darüber hinaus verursache das österreichische Recht für Verbände wie VKI oder AK, die Konsumenten vertreten, hohe Kosten. Thomas Hirmke, Leiter der Rechtsabteilung des VKI, sagt: "Mit dem Abtreten der Ansprüche an einen Sammelkläger ist ein hoher organisatorischer Aufwand verbunden. Der Kreditzinsenstreit mit den Banken zog sich zum Beispiel über zehn Jahren hin, was eine halbe Million Euro Organisationskosten für den VKI verursachte." Als Vorteile der Gruppenklage nennt Hirmke geringere Prozesskosten, eine Beschleunigung der Verfahren und eine Entlastung der Gerichte.

VKI und AK fordern darüber hinaus, dass unrechtmäßig erworbene Gewinne sichergestellt werden und eine Verjährungshemmung bei Musterprozessen. Derzeit verjähren Schadenersatzansprüche nach etwa drei Jahren. Oliver Jaindl, Obmann von Cobin Claims, einem Verein, der nicht gewinnorientiert Ansprüche in Sammelverfahren durchsetzen will, kann den Vorschlägen von VKI und AK einiges abgewinnen: "Bis jetzt wird mit einer Hilfskonstruktion operiert, Gruppenverfahren würden für mehr Effizienz sorgen." Das könne auch für kleinere und mittlere Unternehmen ein Vorteil sein, die sich zum Beispiel in Kartellrechtsfällen gemeinsam gerichtlich zur Wehr setzen wollen.

Die Wirtschaftskammer ist nicht überzeugt

Rosemarie Schön, die Leiterin der rechtspolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer, bezweifelt das: "Eine Gruppenklage täuscht Vereinfachungen vor, die es gar nicht gibt." Solange nicht geklärt ist, wie Missbrauch von Gruppenklagen und damit Druck auf Unternehmen verhindert werden könnten, sei das aktuelle Recht zu bevorzugen. Unternehmen seien zudem bestrebt, Streitigkeiten außergerichtlich zu lösen: "Auch um laufende Geschäfte nicht zu verzögern. Ich sehe den Vorteil von Gruppenklagen für Unternehmen nicht."