Zum Hauptinhalt springen

Alt-Erzbischof Runcie von Canterbury gestorben

Von Rainer Mayerhofer

Politik

London - Der frühere Erzbischof von Canterbury und Primas der anglikanischen Kirche, Robert Runcie, ist Dienstag im Alter von 78 Jahren einem Krebsleiden erlegen. Runcie, der 1980 bis 1991 als geistliches Oberhaupt weltweit rund 70 Millionen Gläubigen vorstand, galt als einer der schärfsten Kritiker der ehemaligen konservativen Premierministerin Margaret Thatcher.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Der am 2. Oktober 1921 als Sohn eines Elektroingenieurs und einer Friseuse in Liverpool geborene Robert Alexander Kennedy Runcie studierte vorerst ab 1938 an der Universität Oxford Literaturwissenschaften. Seine Ausbildung wurde durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen. Von 1939 bis 1945 diente er bei der Schottischen Garde und wurde Panzeroffizier. Während des Vormarsches am Rhein rettete er 1945 unter Lebensgefahr mehrere Kameraden aus einem brennenden Panzer und wurde dafür ausgezeichnet.

Nach Kriegsende beendete er vorerst sein Literaturstudium in Oxford und absolvierte anschließend ein Theologiestudium in Cambridge. 1951 wurde er zum Priester geweiht. Ab 1952 lehrte er in Cambridge, 1962 erhielt er einen Lehrauftrag in New Delhi. 1970 wurde Runcie zum Bischof von St. Albans ernannt. Von 1973 bis 1980 leitete er die gemeinsame Kommission von Anglikanern und Orthodoxen und unternahm zahlreiche Reisen in den Ostblock.

Am 25. März 1980 wurde Runcie feierlich in sein Amt als 102. Erzbischof von Canterbury eingeführt. Immer wieder waren seine Stellungnahmen zu weltlichen und religiösen Fragen für Schlagzeilen gut. 1980 trat er für einen Boykott der Olympischen Spiele in Moskau ein und warnte gleichzeitig vor einseitiger nuklearer Abrüstung des Westens. Seine härtesten Auseinandersetzungen führte er mit Premierministerin Margaret Thatcher während des Falklandkrieges und des Bergarbeiterstreiks. Scharf bekämpfte er auch Südafrikas Apartheid-Regime. Während seiner Amtszeit kam es zur Zulassung weiblicher Priester und auch für die kirchliche Trauung Geschiedener setzte sich Runcie immer wieder ein.

1989 besuchte er offiziellen Vatikan. Am 31. Jänner 1991 trat Runcie von seinem Amt als Oberhaupt der Anglikanischen Kirche zurück.

Runcie war seit 1957 mit der Pianistin Angela Rosalind Turner verheiratet und war Vater eines Sohnes und einer Tochter.

Runcies Nachfolger, Erzbischof George Carey, würdigte den Toten als großen Kirchenführer und liebenswürdigen Menschen, der nie das Rampenlicht gesucht habe.