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Alte Bekannte

Von Katharina Schmidt

Politik

Neonazi Gottfried Küssel sorgt mit einem Treffen auf Haft-Ausgang für Aufregung.


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Wien. Die Aufregung in den sozialen Medien war groß: Gottfried Küssel, einer der Väter der rechtsextremen Bewegung in Österreich und derzeit eigentlich in Haft, sei im Juni im Wiener Alten AKH beim Public Viewing zur Euro 2016 gesehen worden - umgeben von Gesinnungsgenossen. Ein Neonazi-Treffen mitten in der Fanzone also? Mitnichten, sagt Küssels Anwalt Michael Dohr.

Aber der Reihe nach: Küssel, Gründer der "Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition" (Vapo), musste bereits in den 1990er Jahren eine längere Haftstrafe wegen NS-Wiederbetätigung verbüßen. Seit April 2011 befindet er sich wieder in Haft, weil er die Neonazi-Website alpen-donau.info und das Forum alinfodo.com initiiert haben soll. Ein entsprechendes Urteil des Wiener Straflandesgerichts bestätigte der Oberste Gerichtshof Anfang 2014, setzte jedoch das Strafmaß für Küssel und seine beiden Mitangeklagten herab. Statt neun Jahren lautet es für Küssel nun sieben Jahre und neun Monate.

Wilhelm A., dem das Gericht die Registrierung der Domain der Neonazi-Website nachweisen konnte, musste vier Jahre (statt viereinhalb) hinter Gitter, Felix B. - er soll nicht nur Administrator der Seite gewesen sein, sondern auch selbst unter einem Pseudonym Neonazi-Inhalte gepostet haben - fünf Jahre und neun Monate (statt sieben Jahre). Beide sind mittlerweile auf freiem Fuß, wie ihre Anwälte der "Wiener Zeitung" bestätigten.

Küssel regulär bis 2019 in Haft

Küssels Strafe hingegen hält ihn theoretisch bis Februar 2019 im Gefängnis. Wie bei jedem anderen Häftling habe der Vollzugsrichter auch bei Küssel automatisch geprüft, ob nach Ablauf von zwei Dritteln der Haftstrafe eine vorzeitige Entlassung in Frage komme, sagt Dohr. Dies sei aber nicht der Fall - laut dem Anwalt wird das nächste Mal Anfang 2018 geprüft, ob Küssel früher entlassen werden kann.

Sehr wohl bekommt er aber Ausgang, um seine Frau und seine Kinder zu sehen, erklärt Dohr. Bei diesem Ausgang wurde er von einem anonymen Mitarbeiter der Website "Antifa Recherche Wien" im alten AKH gesichtet - gemeinsam mit dem laut dem Autor des Beitrags "Neonazi" Paul B. und einem Sympathisanten der "Identitären", Thomas K. In dem Lokal würden außerdem alte Bekannte Küssels - wie zum Beispiel der erwähnte Felix B. - verkehren, heißt es auf der Website. "Da wird suggeriert, dass es sich hier um ein Neonazi-Treffen gehandelt hat, das sind unlautere Methoden", sagt Dohr. Er hat am Montag mit Küssel in der Haft telefoniert und dieser habe ihm versichert, dass er mit seinem Sohn beim Public Viewing gewesen sei - gemeinsam mit Paul B., dem Taufpaten seiner Tochter. B. sei mit seiner Freundin und einem Bekannten, eben jenem K., gekommen. Letzteren will Küssel zum ersten Mal gesehen haben. B. und K. würden für Sicherheitsfirmen arbeiten, ihr Hintergrund sei daher überprüft worden.

Rechtsextreme wie Felix B. habe Küssel nicht getroffen, diese seien an einem anderen Tag dort gewesen. "Küssel ist nicht blöd, er wird nicht in aller Öffentlichkeit ein Neonazi-Treffen veranstalten und damit seinen Ausgang gefährden", sagt Dohr. Denn wird der Ausgang dazu genutzt, dass er "dem Zweck des Strafvollzugs widerspricht", kann er gestrichen werden. Aus dem Justizministerium heißt es dazu, man prüfe nun einmal "den Sachverhalt, dann wird man sehen".

Was diese Verbindung nun für das Verhältnis zwischen Küssels Neonazis und den "Identitären" bedeutet, ist für Karl Öllinger, Grünen-Politiker und Rechtsextremismus-Experte, klar: "Auf ideologischer Ebene mag es zwar Unterschiede geben, aber die verschwimmen auf der personellen Ebene", sagt er.

Verbindung zu "Identitären"

Etwa hätten die "Identitären" bei öffentlichen Auftritten auch Personen aus dem "Nazi-Hooligan-Bereich" als Ordner eingesetzt. Dass Küssel in diesem Milieu wieder zu alter Stärke aufsteigen könnte, glaubt Öllinger nicht: Die junge Generation teile weder seine "hitleristische" Ideologie noch das von ihm gelebte Führerprinzip. Außer freilich, Küssel schaffe es nach der Entlassung, die Jugend mit einer neuen Idee wieder an sich zu binden, so Öllinger.