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Es zählt zu den großen Paradoxien unserer komplizierten Welt, dass fast jede gute Nachricht einen Haken hat.
Laut Weltgesundheitsbehörde hat ein 2012 geborenes Kind eine um sechs Jahre höhere Lebenserwartung als noch 1990. Hauptverantwortlich für den globalen Anstieg sind die Fortschritte in Entwicklungs- und Schwellenländern, aber auch in den Industriestaaten steigt die Lebenserwartung teils deutlich.
Im vergangenen Jahrhundert hat sich die Weltbevölkerung zwei Mal verdoppelt; diese Dynamik ist gestoppt. Dafür wird sich der Anteil der Über-65-Jährigen schon in den nächsten 25 Jahren verdoppeln. Und noch rasanter verschiebt sich das Verhältnis zwischen Pensionisten und der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter: 2010 kamen weltweit 16 Senioren auf 100 potenzielle Arbeitskräfte, 2035 sind es bereits 26; am stärksten in absoluten Werten ist der Westen betroffen - in Japan wird das Verhältnis 69:100 betragen, in Deutschland 66:100; relativ ist China sogar noch stärker betroffen.
Diese Zahlen sind durchaus geeignet, den Glauben an die Nachhaltigkeit unserer Pensionssysteme vollends ins Wanken zu bringen. Zumal ja nach herkömmlicher Lehrmeinung auch das Wirtschaftswachstum mit steigender Alterung nachlässt. Aber es gibt auch Nachrichten, die Hoffnung machen. Zumindest theoretisch.
So ist unübersehbar, dass vor allem in den USA, aber zusehends auch in der EU die Menschen mit höherer Bildung nicht nur mehr verdienen, sondern auch zunehmend länger arbeiten als Personen mit schlechter Qualifikation. Der Graben, der unsere Gesellschaft in den kommenden Jahrzehnten prägen wird, ist also nicht eine Frage des Alters, sondern des Bildungsgrads.
Fix ist also, dass die Alten mehr werden. Offen ist der Grad ihrer Qualifikation. Da mit der Bildung nicht nur das Einkommen steigt, sondern auch die Verweildauer im Arbeitsprozess, müsste die Politik eigentlich wissen, was zu tun ist: massive Investitionen in die (Re-)Qualifizierung der auch älteren Menschen. Zumal Bildung auch abseits ökonomischer Überlegungen für den Menschen ein Wert an sich ist.
Angesichts des Niveaus und der Qualität der hiesigen Pensionsdebatte bleibt diese Hoffnung allerdings wohl ein frommer Wunsch. Denn leider hört die Politik nur die gute Nachricht und verweigert sich den Konsequenzen.