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Um den CDU-Vorsitz bewerben sich altbekannte Gesichter. Braun, Merz und Röttgen versprechen einen Neustart. Wie dieser aussehen wird, ist schwammig - aber offenbar soll er irgendwie die Mitte ansprechen.
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Mangelnden Ehrgeiz kann man Friedrich Merz wahrlich nicht vorwerfen: Zum dritten Mal innerhalb von drei Jahren tritt der konservative Politiker nun an, um Parteivorsitzender der deutschen CDU zu werden. Allerdings hat der 66-Jährige diesmal offenbar seine Taktik geändert: Bei der Bekanntgabe seiner Kandidatur diese Woche gab er sich nämlich wesentlich gemäßigter als in der Vergangenheit.
Da trat der scharfzüngige und auch reizbare Polit-Veteran oft als schärfster parteiinterner Kritiker des Kurses von Angela Merkel auf. Er warf der Kanzlerin "mangelnde Führung" vor und dass sich ihr Regierungsstil wie ein "Nebelteppich" über das Land gelegt habe. Merz beklagte immer wieder, dass Merkel mit ihrem Mitte-Kurs das Profil der CDU verwässert und und die Partei ihrer Kernwerte beraubt habe. Damit wurde er zum Frontmann und zur lautesten Stimme der unzufriedenen Konservativen, die sich etwa in der Jungen Union, der Werteunion oder auch vielen Ostverbänden sammeln.
Bei seinem dritten Versuch wirbt Merz zwar weiter für einen "klaren Kurs". Gleichzeitig sagte er aber bei der Rede, die seine Kandidatur in einem großen Berliner Hotel einläutete: "Es wird mit mir keinen Rechtsruck in der Union geben." Er wollte ganz offensichtlich nicht als Spalter wahrgenommen werden, sondern als Stimme, die das von ihm ausgerufene "Team CDU" vereint.
Dahinter könnte eine Konsequenz der Bundestagswahl stecken: Diese hat die SPD gewonnen, weil sie von den Unionsparteien zahlreiche Stimmen aus der Mitte abgezogen hat. Somit werden die Wähler der einmal nach links und und einmal nach rechts schwankenden Mitte auch die nächsten Landtagswahlen entscheiden - und deren Ausgang wird der erste wichtige Gradmesser für den neuen Unions-Vorsitzenden sein.
Gleichzeitig hat Merz mit seiner Taktik offenbar die innerparteiliche Dynamik im Auge: Die Stimmen der Konservativen sind ihm relativ sicher. Will er aber die Mitgliederbefragung in den nächsten Wochen für sich entscheiden, wird ihm der Zuspruch auch gemäßigter Parteigänger gewiss nicht schaden.
Politikerin aus dem Osten scheiterte mit seiner Kandidatur
Damit wildert der frühere Fraktionsvorsitzende im Revier seiner Rivalen: Um den Vorsitz bewerben sich nämlich auch noch der frühere Umweltminister Norbert Röttgen und der geschäftsführende Kanzleramtschef Helge Braun. Röttgen, der wie Merz seinen Wahlkreis im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen hat, hat bereits klargemacht, wie er die CDU positionieren will, nämlich als "Volkspartei der gesellschaftlichen Mitte". Der Hesse Braun ist schon allein aufgrund seines Amtes und seines politischen Werdegangs ein Vertreter des Merkel-Kurses. Prognosen für die Abstimmung sind schwierig, am wahrscheinlichsten gilt, dass Platz eins zwischen Merz und Röttgen entschieden wird.
Die Kandidatenliste steht jedenfalls im Gegensatz zur zuletzt gepflegten Rhetorik in der Partei: Nach der schmerzlichen Niederlage bei der Bundestagswahl verging kaum ein Tag, an dem nicht ein CDU-Politiker eine Erneuerung der Partei forderte oder versprach. Doch nun bewerben sich wieder altbekannte Gesichter - auch Röttgen tritt bereits zum zweiten Mal an - um den Vorsitz. Die drei Männer aus dem Westen verfügen offenbar über die notwendigen Netzwerke, die es für so eine Kandidatur braucht.
Bewerben wollte sich eigentlich auch die aus dem Ost-Bundesland Brandenburg stammende Sabine Buder. Doch ihr eigener Kreisverband Märkisch-Oberland verweigerte der Tierärztin die Unterstützung, weil er die Kandidatur offenbar als aussichtslos ansah.
So zeigen sich neue Gesichter nur in der zweiten Reihe: Röttgen nominierte die weitgehend unbekannte 39-jährige Chefin der Hamburger Frauen Union, Franziska Hoppermann, in seinem Team als künftige Generalsekretärin. Bei einem Erfolg von Merz soll Mario Czaja dieses Amt ausfüllen. Der 46-Jährige machte bei der Bundestagswahl auf sich aufmerksam, weil er überraschend ein Direkt-Mandat im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf gewann, der als Hochburg der Linken galt.
Gleichzeitig verspricht die alte Garde Erneuerung: Merz meint, dass sich die Partei neu aufstellen müsse; Röttgen betont "aus tiefer Überzeugung", dass es kein "Weiter so" geben dürfe; Braun verspricht eine "Positionsbestimmung" und "Zukunftsagenda". Wer auch gewinnt, es soll Veränderung geben - wie diese aussehen soll, das liegt derzeit aber noch etwas im Nebel. Aber es scheint, dass sie auf alle Fälle die Mitte ansprechen soll.