Venizelos bleibt Finanzminister, ein Ex-EU-Kommissar kommt in Regierung. | Auch Rechtsnationalisten im Kabinett vertreten.
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Athen. Lange hat man gebraucht, um sich auf die Interimsregierung in Griechenland zu einigen. Doch nach einer Woche des Feilschens stand die Regierung schließlich fest. Und etwas zieht sich wie ein roter Faden durch die Ministerliste: Politische Frührentner dürfen noch einmal ran. Leute, von denen man annimmt, dass sie in Europa gute Kontakte haben, und die sich bereit erklären, sich noch einmal unbeliebt zu machen, sprich, keine besonderen Ambitionen mehr auf höhere Polit-Weihen haben. Trotzdem: Ein Termin für Neuwahlen (ursprünglich für Februar angepeilt) steht noch immer nicht fest. Möglich, dass sich hier Loukas Papademos durchsetzen konnte. Seit Donnerstag war bekannt, dass sich der Ökonom und früheren Vize der Europäischen Zentralbank, Papademos, für den Posten des Ministerpräsidenten breitschlagen hat lassen. Er ließ sich fast eine ganze Woche bitten. Der Wirtschaftswissenschaftler hatte sich früher nie um politische Ämter bemüht. Doch er wollte die Neuwahlen nicht schon jetzt fixiert haben.
In dem Übergangskabinett bleibt Evangelos Venizelos von der Pasok (die 14 von 17 Regierungsmitgliedern stellt) weiterhin Finanzminister. Einer der Gründe für Venizelos’ Verbleib ist wohl die Staatsräson. Einerseits ist Venizelos schon bestens vertraut mit allen Verträgen über die Kredite seitens EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Das neue Einlesen in die Auflagen würde nur noch mehr Zeit kosten, ein Luxus, den sich Griechenland nicht leisten kann. Zudem will man will eine Art Konstanz an seine Kredit-Partner signalisieren. Vor allem für den IWF, der, so hört man in EU-Kreisen, zuletzt immer wieder nach Wegen gesucht hatte, aus dem Hilfsprogramm für Athen auszusteigen, ohne das Gesicht zu verlieren.
Netzwerker für Diplomatie
Das ebenfalls für die Kredite wichtige Außenamt übernimmt Stavros Dimas, Vize der konservativen Nea Dimokratia (ND), von 2004 bis 2010 EU-Umweltkommissar. Damit verfügt er noch immer über beste diplomatische Beziehungen. Innenpolitisch hat er schon als Minister einige Ämter in den 80er und 90er Jahren durchlaufen (Handel, Landwirtschaft und Industrie). Dieser Tage witzelte Dimas in Athen, dass er "zwar viele Titel hat, aber alle beginnen mit früher oder ehemaliger". Gut gelaunt betonte er diese Woche, dass er "keine Ahnung hat, welche Personen Minister werden", und selbst nur ein altes Schlachtross ist. Dimas Parteifreund, Dimitris Avramopoulos, Alt-Bürgermeister von Athen, wird Verteidigungsminister.
Erstmals seit dem Ende der Militärdiktatur 1974 ist an der neuen Regierung der nationalen Einheit eine rechtsnationalistische Partei beteiligt: Makis Voridis von der Laos-Partei wird das Ministerium für Infrastruktur und Verkehr leiten. Er stammt aus der Jugendorganisation der Militärjunta und stand lange dem rechtsextremen Front National von Jean-Marie Le Pen in Frankreich nahe. Das zweite Regierungsmitglied der Laos-Partei heißt Adonis Georgiadis, der unter anderem Mitherausgeber eines antisemitischen Pamphlets ist. Er wird Staatssekretär für Entwicklung und die Handelsmarine. Mit den drei Parteien verfügt die Regierung über 254 der 300 Parlamentssitze.