Während der KP-Diktatur unterstützte Karl Schwarzenberg die Gegner des Regimes, nach der "Samtenen Revolution" machte ihn Vaclav Havel zu seinem Berater. Gemeinsam mit dem "Dichterpräsidenten" zog sich Schwarzenberg letztes Jahr in den Ruhestand zurück. Der aber nur kurz währte, denn der Adelige wurde jetzt in den Tschechischen Senat gewählt.
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Er sei "überrascht" über die großteils positiven Reaktionen auf seine Wahl in den Senat, so Schwarzenberg dieser Tage gegenüber tschechischen Medien. Er habe mit Anfeindungen größeren Ausmaßes gerechnet. Schließlich seien die Tschechen während des Kommunismus in "Hass und Verachtung" gegenüber dem Adel geschult worden. Nur dreimal habe er jetzt Beschimpfungen über sich ergehen lassen müssen, etwa die, dass er "degeneriert" sei.
Am 13. November konnte sich Karl Schwarzenberg im Prager Wahlkreis 6 als Parteiloser in einer Stichwahl durchsetzen und bekleidet nun nach Jahren an der Seite seines persönlichen Freundes Vaclav Havel, dessen Büroleiter er war, erneut ein politisches Amt. Jetzt liegt Schwarzenberg vor allem das politische Klima in Tschechien am Herzen: "Ich habe Konkurrenten nie mit Schmutz beworfen, ich möchte zivilisierte Bedingungen schaffen. Entweder orientieren wir uns an Finnland und Schweden, oder wir werden zu einem mitteleuropäischen Sizilien", so Schwarzenberg gegenüber der tschechischen Tageszeitung "Lidove noviny". Kritiker in Tschechien kreiden Schwarzenberg nach seinem Wahlerfolg an, dass er neben seiner politischen Funktion weiterhin Eigentümer der Wochenzeitung "Respekt" bleiben will. Der nunmehrige Senator versuchte die Bedenken zu zerstreuen: Er habe sich nie in redaktionelle Inhalte seiner Zeitung eingemischt und werde das auch in Zukunft nicht tun. Selbstverständlich werde es weiterhin in "Respekt" Kritik auch am Senat geben, "wenn es darauf ankommt".
Schwarzenbergs persönliches Credo: "Man soll die Politik und die Arbeit Ernst nehmen, aber nicht sich selbst." So habe er die Wähler in Prag vor allem mit "Humor" überzeugt. Dabei hatte Schwarzenberg in der ehemaligen Tschechoslowakei wenig zu lachen. 1937 wurde er in Prag geboren, 1948 flohen er und seine Eltern vor den Kommunisten nach Österreich. Den Ort seiner Geburt konnte der "überzeugte Mitteleuropäer" in den folgenden Jahrzehnten zwar besuchen, er war aber in der kommunistisch regierten CSSR nicht gern gesehen.
Die Streitigkeiten mit Österreich um die Benes-Dekrete und Temelín bereiten Schwarzenberg wenig Kopfzerbrechen. "Nachbarschaft ist immer mit Reibereien verbunden", solche Probleme werde es "immer geben", gibt sich Schwarzenberg abgeklärt.
Bangen um Ukraine
Grund zur Sorge besteht für Schwarzenberg allerdings angesichts der dramatischen Lage in der Ukraine. Der Konflikt sei "viel dramatischer" als jener, der im November 1989 in Prag geherrscht habe. Zwar sei es vor 15 Jahren in der Prager Innerstadt sehr wohl zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen - was bisher in Kiew noch nicht der Fall war - aber: "Das CSSR-Regime war zu jenem Zeitpunkt morsch und hatte keinen Rückhalt in Moskau. Die alte Elite in der Ukraine kann machtbewusst agieren, sie hat in Putin eine starke Stütze", so Schwarzenberg gegenüber der "Wiener Zeitung". Außerdem: "Wir wissen sehr wenig darüber, was derzeit in den entlegenen ukrainischen Dörfern passiert."