Der vergangene Woche überraschend von VP und FP im Ministerrat beschlossene "Studienbeitrag" in der Höhe von 5.000 Schilling pro Semester und Student hat in der heimischen Bildungslandschaft einen heftigen Wirbel ausgelöst. Kritiker der Maßnahme haben unterdessen alternative Vorschläge präsentiert, wenn Studiosi schon zur Kasse gebeten werden sollen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Studiengebühren sollen zwar abgefedert werden. Der Kreis der Studienbeihilfenbezieher könnte ausgeweitet, mehr Leistungsstipendien sowie ein Darlehensystem könnten geschaffen werden, kündigten Regierungsvertreter an. Nähere Details lässt die Regierung erst ausarbeiten.
VP-Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein kann sich auch eine Erhöhung der Verdienstfreigrenze für Beihilfenbezieher vorstellen. Das sei aber nur ein Signal dafür, dass die Studierenden verstärkt arbeiten werden müssen - was die Studiendauer zusätzlich verlängern dürfte, ätzen Vertreter der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH). Die - ursprünglich diskutierte - Variante für Seniorenstudenten oder die Abschaffung der Familienbeihilfe seien keine Alternative gewesen. Einerseits aus verfassungsrechtlichen Gründen. Andererseits erhält die Familienbeihilfe nicht direkt der Studierende, sondern sie fließt auf das Konto des Elternteils, bei dem der Spross mitversichert ist.
Anstelle des "Studienbeitrages" sollten die Zusatzgewinne der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) angezapft werden, lies SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer mit einem Gegenvorschlag aufhorchen. Da die OeNB-Reserven in Dollar veranlagt sind, würde auf Grund des gestiegenen Wechselkurses der Finanzminister heuer zusätzlich vier bis fünf Milliarden Schilling (von 20 bis 21 Mrd. statt bisher 16 Mrd.) lukrieren. Diese Zusatzgewinne seien nicht budgetiert und würden "locker reichen", um Studiengebühren für zwei Jahre auszusetzen und das Geld der Forschung zur Verfügung zu stellen, argumentiert Gusenbauer.
Blüten in Richtung Alternativmodelle treiben auch die nächsten Landtagswahlen - in der Steiermark (15. Oktober), im Burgenland (3. Dezember) und in Wien (Frühjahr oder Herbst 2001). Die steirische VP-Landeshauptfrau Waltraud Klasnic hat, wie berichtet, ein Expertenteam (inklusive Bankenvertretern) initiiert, das sich bis Anfang Oktober andere Finanzierungsmodelle überlegen soll. Klasnic ventilierte bereits Kredite für Studenten, die sie bei guter Leistung gar nicht mehr zurück zahlen müssten.
"Leistungsvertrag"
Einen ähnlichen "Leistungsvertrag" kann sich der burgenländische VP-Spitzenkandidat, LHStv. Gerhard Jellasitz vorstellen. "Wenn ich Landeshauptmann werde, biete ich jedem Studenten, der in der vorgegebenen Zeit sein Studium absolviert, an, dass er keinen Schilling Belastung haben wird", wirbt Jellasitz um Wählerstimmen. Studenten, die ihren Hauptwohnsitz im Burgenland behalten, soll ein zinsenloser Kredit zur Begleichung der Studiengebühren gewährt werden. Den Zinsendienst soll das Land übernehmen. Behalten Studenten ihren Hauptwohnsitz im Burgenland, stehen nämlich Land und Gemeinden im Zuge des Finanzausgleichs mehr Mittel zu. Bei jenen Studenten, die ihr Studium in der vorgesehenen Zeit plus ein "Toleranz-Semester" absolvieren, soll das Land "als Bonus" die Studiengebühr übernehmen. "Das ist finanzierbar", glaubt Jellasitz.
Wirtschaft soll sponsern
Die Wirtschaft könnte einen Fonds sponsern, aus dem Studiengebühren teilweise oder zur Gänze finanziert werden, regt sein Gegenkandidat von der SPÖ, Hans Nießl, an. Schließlich seien qualifizierte Mitarbeiter ein wichtiges Kapital für die Firmen. Der Obmann der FP Burgenland, Stefan Salzl, meint, wenn das Land zehn Millionen Schilling aufbrächte, um so 1.000 Studenten durch die Bezahlung der Studiengebühr zu unterstützen, wäre dies eine Investition in die Zukunft.
Einen "Studentenfonds" kann sich der Bildungssprecher der VP Wien, Walter Strobl, vorstellen. Gespeist werden könnte er, "wenn die AVZ-Stiftungslösung der Bank Austria kommt". Längerfristig würden die Gelder ja weitestgehend wieder in den Fonds zurück fließen, so Strobl. Er fordert die Stadtregierung auf, für die Wiener Studierenden einen Darlehensfonds einzurichten. Wird die Regelstudienzeit eingehalten, soll es für das Erststudium einen zinsenlosen Kredit - unter Beachtung einer sozialen Staffelung - geben. Danach sollten erst Zinsen verrechnet werden. Erfolgreiche Absolventen sollen nur die Hälfte des Darlehens zurück zahlen müssen, meint Strobl.
"Schnupper-Studium"
Die Junge ÖVP Wien fordert wiederum zwei kostenlose Semester für ein "Schnupper-Studium". Mittels zinsenlosem Darlehen solle der Studienbeitrag erst dann zu bezahlen sein, "wenn sich der Student das nach Abschluss des Studiums durch seine Einkünfte auch leisten kann".
Eine ähnliche Variante hat Hans Pechar, Hochschulforscher am Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF), schon 1996 in seiner Studie über "sozialverträgliche" Studiengebühren vorgeschlagen. Die nun beschlossenen Studienbeiträge bezeichnet er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" als "offenkundigen Schnellschuss, ohne jegliche Einbindung von Betroffenen bzw. Experten". Alle Studenten - unabhängig vom Einkommen der Eltern und egal, ob Teilzeit- oder Vollzeit-Studenten - würden gleich belastet. Dass ein Einnahmeneffekt von zwei Mrd. Schilling erzielt und davon eine Mrd. an die Unis zurück fließen würde, bezweifelt er. Vielmehr werde das Geld in die Budgetkonsolidierung fließen. "Grundsätzlich machen Studiengebühren Sinn", sie müssten aber tatsächlich den Unis zugute kommen und mit einem entsprechenden Leistungsangebot verbunden sein.
Vorstellbar sind für Pechar Beiträge, die - nach australischem Beispiel - die Absolventen am Ende der Ausbildung abhängig von ihrem Einkommen entrichten. Sämtliche Alternativmodelle bedürften aber eines längeren und aufwendigeren administrativen Prozesses als die von der Regierung gewählte Gangart.