Eine Milliarde für eine Pleitebank, Millionen für Parteigünstlinge und dubiose Berater, und kein Verantwortlicher: Kein Wunder, dass der Wähler grantig ist.
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Man kann über den 26-jährigen ÖVP-Staatssekretär Sebastian Kurz ja durchaus unterschiedlicher Meinung sein und ihn je nach ideologischem Gusto für einen begnadeten Nachwuchspolitiker oder die Antwort der ÖVP auf Laura Rudas halten. Aber der Umstand, dass er seit einiger Zeit in Meinungsumfragen regelmäßig zu Österreichs beliebtesten Politikern zählt und auch schon auf Platz zwei hinter dem Bundespräsidenten lag, sagt wohl weniger über Kurz selbst aus als über die allgemeine tiefe Verzweiflung der Wähler angesichts des bisherigen personellen Angebots der Parteien insgesamt. So unzufrieden mit dem Gebotenen war der Souverän schon lange nicht: Da kommt jedes neue Gesicht gut an.
In diese Richtung deutet ja auch, dass derzeit neue politische Plattformen, Gruppierungen und Parteien sprießen wie der Bärlauch im Wienerwald. Als Zeichen besonderer Zufriedenheit mit den etablierten politischen Parteien - einschließlich der etablierten Anti-Establishment-Partei FPÖ - wird man diesen Gründerboom nicht eben werten können. Für wirklich systemrelevant halten diese Parteien mittlerweile hauptsächlich noch deren Funktionäre, Mandatare und Klienten - sonst aber kaum noch jemanden.
Zuzuschreiben haben sich die etablierten und da vor allem die beiden staatstragenden Parteien diese beginnenden Verschiebungen des tektonischen politischen Gefüges weitgehend selbst. Denn es sind nicht so sehr neue Steuern, gekürzte Leistungen, steigende Preise und ähnliche Ärgernisse des Alltags, die den allgemein verbreiteten Unmut so vorzüglich speisen, sondern eher zwei andere Quellen: ein Gefühl der Ohnmacht einerseits gegenüber einer vermeintlich alternativenlosen Politik milliardenschwerer Rettungsmaßnahmen (für Banken, Staaten und - angeblich - den Euro) aller Art und andererseits gegenüber dem in den vergangenen Monaten sichtbar gewordenen Biotop von schierer Korruption der politischen Klasse.
Auch wenn es natürlich eine etwas unfaire Verkürzung darstellt: Bei immer mehr Menschen entsteht derzeit immer massiver der Eindruck, dass sie nicht den geringsten Einfluss darauf haben, wie die Regierenden eine Milliarde nach der anderen für eher fragwürdige "Alternativlosigkeiten" (wie zuletzt die durchaus unnötige "Rettung" der Volksbanken AG mit Steuergeld ) rauswerfen - und sich gleichzeitig selbst bedienen, wo immer sie können.
Und dass man als angeblicher demokratischer Souverän im Grunde aus dem derzeit vorhandenen Angebot auf dem Stimmzettel wählen kann, was man will, ohne dass sich an diesen Missständen etwas ändert.
Das hängt - unter anderem - natürlich auch damit zusammen, dass Österreichs Wahlrecht de facto SPÖ und ÖVP zu einem dem Wähler mehr oder weniger unabwählbar erscheinenden Machtklumpen formt, der nur gelegentlich den Chef wechselt, nicht jedoch seine Natur.
Den Eindruck, das damit verbundene Legitimationsproblem erkannt zu haben, vermitteln derzeit freilich weder Rot noch Schwarz. Was übrigens auch Teil des Problems ist.
ortner@wienerzeitung.at