Böhler-Bescheid wird aufgehoben. | Fries-Gruppe will weiter zukaufen. | Wien. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Prüfung des alten Übernahmegesetzes abgeschlossen - und kam zu dem Schluss, dass es teilweise verfassungswidrig war. Denn Kollegialbehörden mit richterlichen Einschlag - wie etwa die Übernahmekommission - dürfen keine Verordnungskompetenz haben.
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Anlass für die Entscheidung des VfGH war ein Streit zwischen den Böhler-Uddeholm-Aktionären und der Übernahmekommission. Nachdem sich die ÖIAG aus dem Stahlkonzern zurückgezogen hatte, blieb nur die Investorengruppe BU-Industrieholding (BUI) als 25-prozentiger Großaktionär übrig. Ein Viertel der Aktien eignet sich zwar normalerweise nur als Sperrminorität, doch da der Rest der Aktien in Streubesitz war, kontrollierte die BUI damit das Unternehmen. Die Übernahmekommission hat zwar im Februar 2004 von einem Pflichtangebot zur Übernahme abgesehen, hat aber Bedingungen für den Aktionär BUI gestellt. Weitere Zukäufe wurden damit untersagt, sonst werde ein Pflichtangebot fällig. Außerdem dürfe nur die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder von BUI gestellt werden, der Vorsitzende müsse unabhängig sein.
Dieser Bescheid beruhte auf einem Pouvoir der Kommission, dass laut VfGH verfassungswidrig ist. Die entsprechenden Gesetzesstellen wurden gekippt - der Bescheid selbst wird laut einhelliger Expertenprognosen diesem Weg bald folgen - und aufgehoben werden.
Damit wird die BUI-Gruppe weiter zukaufen können, wenn auch nicht sofort. Rechtstechnisch muss die Sache erneut von der Übernahmekommission entschieden werden - und zwar nach der alten Rechtslage. Doch diese dürfte durch das VfGH-Erkenntnis zahnlos geworden sein: Denn die rechtlichen Grundlagen, um Auflagen zu erteilen, fehlen nun. Der Bescheid würde nur die fehlende Verpflichtung für Auflagen festhalten.
Die Investorengruppe um den Wirtschaftsanwalt Rudolf Fries kündigt dementsprechend gegenüber der "Wiener Zeitung" ein Aufstockung des momentan rund 21 Prozent hohen Anteils auf bis zu 26 Prozent an - wenn auch nicht "jetzt im Moment". Einen darüber liegenden Anteil schließt er aus. Die Aufteilung der Aufsichtsräte will er belassen.
Bis 26 Prozent möglich
"Ein 26-prozentiger Anteil muss dann nicht mehr vor die Übernahmekommission", heißt es von derselben. "Das kann uns dann egal sein.
Für neue Aktienkäufe der BUI gilt nämlich nunmehr uneingeschränkt das neue, im Juni 2006 in Kraft getretene, Übernahmegesetz. Dieses ermöglicht den Kauf von Aktien bis 26 Prozent ohne jedwede Auflagen, die Anteile von 26 Prozent plus eine Aktie bis 30 Prozent können unter Umständen mit Auflagen belastet werden. Ab 30 Prozent ist fix die Legung eines Übernahmeangebots Pflicht.