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Altruismus aus Eigennutz

Von Walter Hämmerle

Europaarchiv

Länder wie Österreich haben Interesse daran, die eigenen Erfahrungen mit dem EU-Beitritt frühzeitig an die Kommunen in den Kandidatenländern weiterzugeben, damit diese rechtzeitig auf Probleme reagieren können. Das ist die Kernidee von LOGON (Local Government Network), einem Netzwerk kommunaler Interessensverbände. In einem zweiten Schritt soll nun ein gemeinsames Lobbying der Kommunen in Brüssel vorbereitet werden.


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Rund 75 Prozent aller Entscheidungen eines Bürgermeisters beruhen heute auf EU-Verordnungen. In einem ersten Schritt hatte LOGON daher einen Wissenstransfer über die die Folgen eines EU-Beitritts auf kommunalen Ebene zum Ziel. "Es ging darum", so Erich Pramböck, Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes, "bestmögliche Vorbereitung auf den EU-Beitritt zu leisten, um negative Folgen eines EU-Beitritts zu vermeiden, von denen ja vor allem Österreich mitbetroffen wäre".

Diese erste Phase von LOGON, der Informationstransfer, ist nun weitgehend abgeschlossen. Die Beitrittsverhandlungen mit den Kandidatenländern der ersten Runde werden Ende 2002 bzw. Anfang 2003 abgeschlossen sein, ein EU-Beitritt 2004 oder 2005 wahrscheinlich. Für Pramböck geht es daher jetzt um die optimale Vorbereitung für ein gemeinsames Lobbying der Städte und Gemeinden in einem erweiterten Europa.

Erfolg in Europa nur durch Lobbying

Eine einzelne Stimme werde in Brüssel nicht gehört. Wer seine Interessen schützen bzw. durchsetzen will, müsse seine Kräfte bündeln, sich organisieren: "Denn Europa", so Pramböck, "ist Lobbying". Schließlich stünden den rund 22.000 Brüsseler EU-Beamten ca. 35.000 Lobbyisten gegenüber.

zum Lobbying gehört aber auch die ständige Information der Kommunen über neueste Trends in der EU, etwa was die Marktöffnung bei öffentlichen Dienstleistungen betrifft. Gerade hier sehen die Städte und Gemeinden einen wesentlichen Eingriff in ihre Gestaltungsmöglichkeiten und eine Gefahr für ihren Handlungsspielraum. In diesem Bereich kollidieren die Interessen der kommunalen Ebene mit den Bestrebungen der EU-Kommission nach mehr Wettbewerb. Pramböck sieht die Kommunen jedoch nicht generell als Wettbewerbs-Bremser und Befürworter von Protektionismus. "Die Strukturen müssen funktionieren", meint Pramböck im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", und: "Die Städte sind innovationsorientiert, aber es muss Sinn machen." Wobei jedoch Österreich in punkto Ausschreibungen und Deregulierungen sicherlich noch einiges zu lernen habe. Schließlich dürfe man eines nicht vergessen: "Jeder Bürgermeister ist der Freund seiner Geldtasche."

EU erkennt Wichtigkeit kommunaler Strukturen

Pramböck konstatiert auch ein gewisses Umdenken bei der EU-Kommission. Diese erkenne heute sehr wohl die Bedeutung funktionierender kommunaler Strukturen und begrüße daher das LOGON-Projekt. Eine Verankerung des Prinzips der kommunalen Selbstverwaltung in einer kommenden EU-Verfassung erhofft man sich vom EU-Konvent. Und das obwohl "Selbstverwaltung vor allem selbst arbeiten heiße", wie Pramböck anfügt.