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Am 31. Juni ist es zu spät

Von Thomas Ruhm

Wirtschaft

Schlimmstenfalls droht Auflösung. | An Gesellschaftsrecht angepasst. | Wien. Allen Vereinen und ihren Funktionären sei eine Rute ins Fenster gestellt: Bis spätestens 30. Juni sind die Statuten bestehender Vereine an das Vereinsgesetz 2002 anzupassen. Folgende finanzrechtliche Änderungen sind dabei zu beachten.


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In den Vereinsstatuten ist festzulegen, welches Organ die Geschäfte des Vereins führt und wer den Verein nach außen vertritt. Das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan muss zumindest aus zwei natürlichen Personen ("Vier-Augen-Prinzip") bestehen. Weiters hat jeder Verein zwei Rechnungsführer zu bestellen, was prinzipiell durch die Mitgliederversammlung erfolgt. Die Rechnungsprüfer müssen unabhängig und unbefangen sein und dürfen keinem Organ angehören, das sie zu prüfen haben.

Wer haftet wann?

Grundsätzlich steht der Verein als juristische Person gemäß dem "Trennungsprinzip" für seine Verbindlichkeiten nur mit seinem eigenen Vermögen ein. Organwalter und Rechnungsprüfer haften aber ausnahmsweise dann, wenn sich dies aus gesetzlichen Vorschriften ergibt oder ein deliktisches Verhalten in Ausübung der Vereinsfunktion gesetzt wurde. Gegenüber dem Verein haften Organwalter aber persönlich, wenn sie gegen bestehende gesetzliche oder statutarische Pflichten verstoßen. Ein Verzicht auf Ersatzansprüche des Vereins gegen einen Organwalter ist grundsätzlich unwirksam.

Prüfungsvorschriften

Das Vereinsgesetz 2002 normiert außerdem umfassende Rechnungslegungs- und Prüfungsvorschriften, die an die Regelungen der GmbH angelehnt sind. Die Rechnungslegungspflicht beginnt grundsätzlich mit dem ersten "Außen-Auftritt" des Vereins. Die Mitgliederversammlung hat zudem ein zwingendes Informationsrecht über die Finanzgebarung und das Rechnungsjahr darf höchstens zwölf Monate betragen. Bei den weiteren Rechnungslegungsvorschriften erfolgt eine Unterteilung in kleine und große Vereine: Kleine Vereine müssen für laufende Aufzeichnungen der Einnahmen und Ausgaben sorgen ("Einnahmen-Ausgaben-Rechnung"); das Leitungsorgan hat darauf zu achten, dass die Finanzlage des Vereins rechtzeitig und hinreichend erkennbar ist; Die Finanzgebarung muss zumindest einmal im Jahr von einem Rechnungsprüfer geprüft werden. Betreibt ein kleiner Verein ein vollkaufmännisches Unternehmen, sind auch die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) für Vollkaufleute sowie die §§ 124 ff der Bundesabgabenordnung zu Buchführung, Inventur und Bilanzierung zu berücksichtigen.

Große Vereine sind solche, deren gewöhnliche Einnahmen oder Ausgaben in zwei aufeinander folgenden Rechnungsjahren jeweils höher als eine Million Euro waren. Sie unterliegen einer "qualifizierten Rechnungslegung" und müssen einen Jahresabschluss (Bilanz, GuV) aufstellen. Die Regelungen des HGB sind sinngemäß anzuwenden.

Vereine, deren gewöhnliche Einnahmen oder Ausgaben in zwei aufeinander folgenden Rechnungsjahren jeweils höher als drei Millionen Euro waren oder deren jährliches Aufkommen an Publikumsspenden in diesem Zeitraum eine Million Euro überstieg, müssen einen "erweiterten Jahresabschluss" (Bilanz, GuV und Anhang) aufstellen, der durch einen Abschlussprüfer geprüft und mit Testat bestätigt wird.

Konkurssicherer Verein

Das Vereinsrecht wurde insgesamt an das Gesellschaftsrecht angepasst, detaillierte Organisations- und Rechnungslegungsnormen sowie eine Unterteilung in Größenklassen wurden eingeführt. Sowohl das "Vier-Augen-Prinzip" in der Geschäftsführung als auch das Erfordernis einer Rechnungsprüfung durch unabhängige Rechnungsbzw. Abschlussprüfer dienen einer kontrollierten und "konkurssicheren" Finanzgebarung und Vereinsleitung. Thomas Ruhm ist Rechtsanwaltsanwärter bei DLA Weiss-Tessbach und Lektor am Institut für Recht der Wirtschaft der Uni Wien.