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Fernsehpreise haben eine gewisse Eigendynamik - einmal abgesehen davon, dass es in einem dicht verwobenen Medienmarkt keinen Veranstalter gibt, der keine Eigeninteressen verfolgt. Eine Romy geht dieses Jahr an eine ganz besondere Eigenproduktion des frisch verkauften Senders ATV - normalerweise nicht die Richtschnur in Sachen vorbildliches Fernsehen. Ausgezeichnet wird "Das unmoderierte Duell", also jene 45 Minuten legendäres Fernsehen, bei dem sich Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen im Endlos-Wahlkampf um die Hofburg 2016 einmal richtig die Meinung gegeigt haben - inklusive Scheibenwischer-Geste und "Reden Sie doch mit der Flasche - die redet nicht zurück!". Tatsächlich hat es ATV mit dieser Sendung geschafft, einen über die Tagesaktualität hinausgehenden Diskurs um die Erwartungen an Kandidaten für das höchste Amt im Staat zu starten. Extrem reduziertes Fernsehen - keine Vorgaben, keine Themen und vor allem kein Moderator, der ständig ins Wort fällt. Also genau das, was gemeinhin am ORF kritisiert wird. Das Fernsehen gab also dem Zuschauer das, was er wollte, und schaffte jeglichen journalistischen Anspruch an sich selbst ab. Das Resultat ist bekannt: Gemaule in den Kommentaren der Beobachter, dass die Kandidaten doch tatsächlich das getan haben, was gewünscht war: eine harte Diskussion am Limit des Anstands zu führen. Hat den Eliten also auch wieder nicht gepasst. Dass man jenen Moment, in dem das Fernsehen sich selbst abschafft, im Nachhinein mit einem Preis für vorbildliches Fernsehen auszeichnet, ist freilich eine Form der Ironie, die schwer zu ertragen ist.