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Am digitalen Boulevard

Von WZ-Korrespondent Klaus Stimeder

Wirtschaft

Silicon Alley: New York macht Kalifornien in Sachen Infotech Konkurrenz.


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New York. Das Buch der Gesichter, es macht Geld, viel mehr als angenommen, ja wirklich. Die Überraschung stand vielen New Yorker Börsenhändlern ins Gesicht geschrieben, aber vor allem jenen Aktienanalysten, die seit der Mitte Mai vonstatten gegangenen Börsenotierung vor dem Kauf gewarnt hatten. Facebook, so lautete seitdem das nahezu einhellige Urteil der Wall-Street-Broker, sei, tja, eh ganz nett; aber an der Profitabilität würde es hapern, weil das größte soziale Netzwerk der Welt Probleme mit dem Zug der Zeit habe, der unumkehrbar in Richtung mobile Endgeräte, sprich Handys und Tablets, fahre. Die vermeintliche Achillesferse war keine: Von den 1,26 Milliarden Dollar, die Facebook im vergangenen Quartal an Umsatz generierte, stammten 14 Prozent (rund 150 Millionen) aus dem Geschäft mit der sogenannten mobilen Werbung. Laut CEO Mark Zuckerberg der endgültige Beleg, den "Mythos zu zerstören, dass Facebook mit mobilen Endgeräten kein Geld verdienen kann". Die Aktienbesitzer freuten sich, die Broker freuten sich, und der New Yorker Bürgermeister freute sich ganz besonders.

Michael Bloomberg hatte sich seit vergangenem Jahr hinter den Kulissen heftig darum bemüht, den Silicon-Valley-Giganten davon zu überzeugen, dass es zwischen Hudson und East River nicht nur Sinn habe, Anzeigen zu verkaufen. Die Überzeugungsarbeit fruchtete: Seit kurzem heuert Facebook in New York nicht mehr nur Anzeigenkeiler, sondern auch Programmierer an. Die Entscheidung, eine richtig große Filiale in der größten Stadt Amerikas aufzumachen, stellt einen kleinen, aber gewichtigen Paradigmenwechsel dar. Bisher beschränkte sich Facebook, was seine Techniker und Programmierer angeht, standorttechnisch auf Silicon Valley und einen kleinen Außenposten in Seattle. Mittlerweile ist gar die Eröffnung eines neuen Facebook-Quartiers am Times Square angedacht.

In New York war der Terminus "Silicon Alley" erstmals Mitte der Neunziger aufgetaucht, als der Dotcom-Boom in voller Blüte stand. Im Gegensatz zum nordkalifornischen Nerd-Paradies setzte man auf die traditionellen Stärken der Stadt: die Nähe zu einer Unzahl potenzieller Investoren und gut ausgebildeter Absolventen der traditionellen Kaderschmieden der Ostküste. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Nur, dass man hüben wie drüben realistischer geworden ist: Nachdem in den Jahren bis 2000 Abermillionen an Risikokapital verbrannt wurden, sind die Geldgeber vorsichtig geworden. Eine Entwicklung, die, wie sich heute herausstellt, New York nicht geschadet hat. Im Gegenteil - nachdem für alteingesessene Bewohner der Metropole derselbe Grundsatz gilt wie für Neuankömmlinge. New York City ist kein guter Ort, um Dinge von Grund auf zu starten; aber ein guter, um bereits Bestehendes zu vermarkten und weiterzuentwickeln. Klingt komisch, ist aber so.

Google, Skype und Zynga

2012 sind es, von ein paar Dutzend Mobile-App-Entwicklern abgesehen, kaum Start-Up-Firmen, die von sich reden machen, sondern der Zuzug etablierter Marken, die vor allem ihre globale Strahlkraft eint.

Facebook, Twitter, Skype, Foursquare, der Spieleentwickler Zynga; allein das Suchmaschinenmonster Google gibt heute in Manhattan rund 2700 Leuten Arbeit, Tendenz steigend. Die Info-Tech-Firmen profitieren dabei in nicht unwesentlichem Maße vom Aderlass einer eng mit ihr verbundenen Industrie: der Wall Street, die seit dem Ausbruch der Finanzkrise Jobs im fünfstelligen Bereich abbaute.

Wie "Bloomberg Business News" berichtet, zieht es deshalb heute viele Hochschulabsolventen, die ansonsten bei den Finanzjongleuren Downtown landen würden, in die "Silicon Alley".

Pioneers-Festival in Wien

Noch bis 31. Oktober ist Wien Start-Up-Hauptstadt - alles dreht sich um die Internet-Branche, High-Tech und Jungunternehmer. Adam Cheyer, Erfinder der Siri-Sprachsteuerung für das iPhone oder Investoren wie Esther Dyson sollen den Nachwuchs inspirieren - vier Tage haben Jungunternehmer die Chance, mit ihren Vorbildern zu diskutieren. www.pioneersfestival.com