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Am Ende blecht wieder der Steuerzahler ...

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren, ist in Europa schon einmal richtig schiefgegangen. Junckers Plan wiederholt diesen Fehler.


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Wenn sich EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nächste Woche von den Regierungschefs der Union seinen 300 Milliarden Euro schweren Plan zur Ankurbelung der Wirtschaft in Europa absegnen lässt, kann er zufrieden sein: 300 Milliarden Investitionen in die Infrastruktur der EU-Staaten klingen ja wirklich imposant und zukunftsfroh, umso mehr, als diese gewaltige Investitionslawine nicht wie üblich durch noch mehr Schulden finanziert werden soll, sondern großteils von privaten Investoren.

Klingt zu gut, um wahr zu sein - und ist es leider auch. Denn um private Anleger dazu zu bringen, Projekte zu finanzieren, die sie sonst nicht anrühren würden, weil sie nicht genug profitabel, zu riskant oder sonstwie unattraktiv sind, plant Juncker, ihnen einen erheblichen Teil ihres Risikos durch staatliche Haftungen und Garantien abzunehmen. Das heißt, grob vereinfacht (die Details sind noch nicht bekannt): Allfällige Gewinne werden privatisiert, allfällige Verluste hingegen sozialisiert, sprich in letzter Konsequenz dem Steuerzahler umgehängt. Denn: "Unrentable Projekte werden ja nicht dadurch rentabel, dass der Staat für sie haftet," wie Michael Kemmer vom deutschen Bankenverband dazu trocken bemerkte.

Für Investoren und Anleger ist das natürlich ein feuchter Traum, nur leider das genaue Gegenteil von funktionierender freier Marktwirtschaft. Dort müssen nämlich Investoren selbstverständlich selbst für allfällige Verluste geradestehen; nur das legitimiert sie ja, allfällige Gewinne einzustreifen.

Wie letal es ökonomisch sein kann, wenn Investoren im Zweifelsfall Verluste der Allgemeinheit zuschieben können, zeigte die Bankenkrise der vergangenen Jahre drastisch. Das Wissen der großen Banken um ihre Unsterblichkeit ("too big to fail") ermunterte sie natürlich teils zu irren Spekulationen mit bekanntem Ergebnis für die Steuerzahler.

Nun sollen in naher Zukunft abermals hunderte Milliarden privater Investments (jedenfalls teilweise) haftungsfrei gestellt werden, ganz ähnlich wie Banken, die "too big to fail" sind - aus Schaden wird man offenbar doch nicht immer klug.

Junckers Plan wird auch noch andere wenig erstrebenswerte Auswirkungen haben. Fast immer, wenn staatliche Bürokratien glauben, über solche Maßnahmen "zur Ankurbelung der Wirtschaft" befinden zu müssen, ist deren Zielsicherheit außerordentlich gering. Regionalflughäfen in Spanien, die nie ein Flugzeug gesehen haben, Häfen in Deutschland, wo nie ein Container umgeschlagen ward - zahllos sind die Denkmäler planwirtschaftlicher Steuergeldversenkung in größtem Stil (eine nicht gekannte Perfektion entwickelten hier übrigens die Japaner, die erst hunderte Kilometer Küstenlinie zubetonierten, "um die Wirtschaft anzukurbeln", und später wieder in den Urzustand zurückbauten - mit der gleichen Begründung).

Selbst Junckers Ankündigung, 300 Milliarden an Investitionen ohne zusätzliche Schulden zustande zu bringen, könnte sich am Ende als Luftnummer herausstellen. Wenn eines Tages jene Staatshaftungen, mit denen Private zum Investieren animiert werden sollen, schlagend werden - und das passiert manchmal -, werden die Staaten, die nicht genug Geld haben, das tun müssen, was jetzt scheinbar vermieden wird: neue Schulden aufnehmen.