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"Am Feierabend Licht ausmachen"

Von Franz Nickel/Berlin

Politik

"Der Palast der Republik teilt mit, daß alle Bereiche des Hauses mit Wirkung vom 19. 9. 1990 für die Öffentlichkeit geschlossen bleiben." Mit dieser lapidaren Hausmitteilung hinter verschlossenen Türen wurde vor über 13 Jahren das größte und schönste DDR-Prestigeobjekt in Berlin stillgelegt. "Wegen Asbestbelastung", hieß es, obwohl diese nicht über dem zulässigen Höchstwert lag. Vergangene Woche nun doch wieder Besuchergruppen im "Palast", der zum ersten Mal seit 13 Jahren im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Schaustelle Berlin" für eine limitierte und geführte Öffentlichkeit (insgesamt 2.500 Teilnehmer in Gruppen zu je 30 ) zu besichtigen ist.


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Ein Zettel an der Palasttür "Bitte zum Feierabend Tor schließen und das Licht ausmachen" erhält ungewollte Symbolik: Der Palast ist wirklich tot. Die Lichter in "Erichs Lampenladen" sind aus.

70 000 Millionen Euro, doppelt so viel wie veranschlagt, hat die Entkernung und Asbestsanierung gekostet. Geblieben sind nur Stahl, Beton und Glas. Vier Geschosse sind für die Führung zugängig, bei der den Besuchern die gewaltigen Stahlkonstruktionen und die Vergangenheit des Gebäudes erläutert wird. Für 1,2 Mrd. Mark der DDR war dieses Haus des Volkes in drei Jahren erbaut worden, und es zog in seiner Blütezeit 1976 bis 1990 über 60 Millionen Besucher an.

Die Führung weckt Erinnerungen: Da liegt der "Große Saal" für 5000 Besucher mit der modernsten Saaltechnik der Welt, dort wurde der "Kessel Buntes" für das Fernsehen aufgezeichnet, dort rockte Udo Lindenberg, hier wurde Helga Hahnemann gefeiert, dort tagte die Volkskammer und in den 13 Restaurants, dem Bowlingcenter oder im Theater im Palast fühlten sich die Menschenwohl. Hier erlebten die Bürger die DDR von ihrer schönen Seite, ein preiswertes Programm aus Kultur und Kunst, Vergnügen, Kommunikation , Essen und Trinken. Das alles ist nun reduziert auf die 180 Meter lange, 90 Meter breite und 32 Meter hohe kalte Stahlkonstruktion. Man weiß nicht genau, steht man vor einem Rohbau oder vor einer Ruine. Weil sehr schwer vorstellbar ist, dass solch ein Stahlkolloss abgerissen werden soll. Aber er soll. Denn vor einem Jahr beschloß der Bundestag, den Palast abzureißen und auf dem Schlossplatz ein Gebäude in der Größe des früheren Hohenzollern-Schlosses mit der historischen Fassade zu errichten. Kostenpunkt 6oo Millionen Euro. Aber da die Finanzierung für Abriss und Schlossbau unklar ist, hat die gegenwärtig von der Bundesregierung eingesetzte Arbeitsgruppe Schlossareal ihren Abschlussbericht wie üblich verschoben, diesmal auf den Herbst.

Da der Totalabriss des Palastes sich noch Jahre hinzögern kann, hat sich ein Förderverein "Zwischen Palast Nutzung" gegründet, der von 2004 bis 2007 das Abschiednehmen vom Palast auf künstlerische Weise erleichtern will. Besonders der ehemalige Volkskammersaal soll genutzt werden. Es liegen schon 200 Nutzungsideen vor. Die Herrichtung des Saales, die Sicherheitsmaßnahmen , Toilettenanlagen usw. sollen mit privaten Geldern in Höhe von 1,2 Mill. Euro finanziert werden. Aber das grüne Licht der Bundesregierung fehlt noch und die CDU lehnt jede "finanzielle und ideelle, direkte oder indirekte Unterstützung" einer Nutzung des Palastes ab. Jedoch Staatsoper, Technikmuseum und die Bundeszentrale für Politische Bildung haben Interesse angemeldet. Konzerte, Clubveranstaltungen und Ausstellungen wären möglich, Filmteams wollen drehen und manche möchten hier einfach nur heiraten. Die derzeitigen Führungen könnten der Beginn einer solchen "Zwischen Palast Nutzung" sein.