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Am Friedhof der Technoleichen

Von Christina Böck

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Die Älteren erinnern sich vielleicht noch. Früher gab es so blau-gelbe Geschäfte, die kein Ikea waren. Sie hießen "Blockbuster", und man konnte dort Dinge ausleihen, die längst am Friedhof der Technoleichen gelandet sind: Videokassetten. Im Internet kursierte dieser Tage eine rührende Geschichte, wonach ein autistischer Bursche, der sich oft in einer solchen sogenannten Videothek aufgehalten hatte, völlig zerstört war, weil seine Filiale nun auch zugesperrt hat. Seine Eltern haben ihm deshalb zuhause einen Mini-"Blockbuster" nachgebaut. Der "Blockbuster", der da für immer geschlossen hat, war einer der letzten zwölf, die es noch in den USA gab. Auch hierzulande sind Videotheken Raritäten im Stadtbild. Sie waren die ersten Opfer der nachhaltigen Umkrempelung der TV-Gewohnheiten durchs Online-Streaming.

Neueste Entwicklungen deuten darauf hin, dass es nicht nur bei diesen Opfern bleiben könnte. Denn der Konzern Apple verhandelt nun mit den Filmstudios Comcast/Universal und Warner Bros darüber, dass Kinofilme bereits früher als bisher beim Apple-eigenen Portal iTunes erhältlich sein sollen. Derzeit muss man etwa drei Monate warten (was schon eine erhebliche Beschleunigung im Vergleich zu den alten Videothekszeiten bedeutet), aber wenn es nach Apple geht, sollen neue Kinofilme bereits nach 17 Tagen via iTunes zu leihen und kaufen sein. Dann wären Filme für das Patschenkino bereit, solange sie noch regulär im echten Kino laufen. Für die Lichtspielhäuser, die ohnehin ums Überleben kämpfen, ist das eine desaströse Aussicht.