Die SPÖ kann zufrieden sein mit der Parteitags-Berichterstattung des ORF-Fernsehens am Wochenende: Wohlwollende Beförderung der Linksruck-Rhetorik schon am Vortag sicherte die Wahlprozente, Samstag wurde der klassenkampfgewürzte Erfolg durch einen Kommentar nicht beschädigt. Ein Schelm, wer denkt, die Samthandschuhe seien nicht auch deshalb angezogen worden, weil in dieser Woche das neue ORF-Gesetz beschlossen werden soll.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Das bringt dem ORF dringend benötigte 160 Millionen Euro. Wofür man am Küniglberg das gern in Kauf nimmt, was wohl auch Absicht der das Gesetz beschließenden Parlamentsfraktionen ist: die Gängelung des ORF durch die Politik. Nach dem Gesetzesbeschluss wird man sich die Samthandschuhe wohl nicht mehr ausziehen, sondern mit weiterer Boulevardisierung vom Unabhängigkeitsdefizit ablenken.
Damit werden noch mehr wichtige Berichte unter den Tisch fallen, wie etwa vor einigen Tagen die Präsentation der russischen Übersetzung der unter Leitung des Historikers Stefan Karner international erarbeiteten Dokumentation über den Prager Frühling. Obwohl diese schonungslose Aufarbeitung der Rolle Moskaus im Jahre 1968 auch für die heutige russische Führung nicht erfreulich ist, wurde sie unter prominenter Beteiligung im ehemaligen Hauptquartier des Politbüros der KPdSU vorgestellt. Die Fernsehzuschauer haben davon nichts erfahren.
Wenn weiter nur wichtig ist, was Parteien gefällt oder sie nicht interessiert, dann kann man sich den Erfolg der fundierten Initiative des ORF-Urgesteins Kurt Bergmann für die Neugründung eines unabhängigen ORF leider ausrechnen.