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Am heiligen Gral Studiengebühren wird wieder heftig gerüttelt

Von Bettina Figl

Politik

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Physik bleibt gratis, für Psychologie muss man zahlen: Die Höhe von Studiengebühren soll sich nach der Nachfrage an Absolventen eines Studienfaches richten. So die Idee von Vizekanzler Michael Spindelegger. Es ist der Versuch, eine Lösung in der Gebühren-Misere zu finden, die ja vom Verfassungsgerichtshof aufgrund der vielen Ausnahmeregelungen als verfassungswidrig eingestuft wurden. Nun müssen ÖVP und SPÖ bis Februar 2012 eine neue Lösung finden. Das wird schwierig, war ja die Gebührenabschaffung 2008 Lieblings-Wahlthema der SPÖ und ist seither ideologisch besetzt. Auch als jetzt Spindelegger die Gebührenstaffelung vorschlug, versperrte sich Bundeskanzler Werner Faymann im gemeinsamen Interview sofort gegen Gebühren. Auch von den Unis kam ein Aufschrei: Der Verwaltungsaufwand für gestaffelte Gebühren wäre zu hoch, die Situation am Arbeitsmarkt im ständigen Wandel. Galt vor einigen Jahren noch das Lehramtsstudium als zukunftslos, herrscht heute Lehrermangel. Das Ungleichgewicht bei den Studienrichtungen ist unübersehbar: 60 Prozent der Studienanfänger belegen nur 10 Prozent der Fächer, gleichzeitig gibt es einen eklatanten Mangel an Absolventen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik (MINT), die am Arbeitsmarkt heiß begehrt sind. Sie sollen mehr werden, deshalb startete Ex-Wissenschaftsministerin Beatrix Karl 2010 eine Werbekampagne. Kostenfaktor: 500.000 Euro - ob es das wert war, ist fraglich. Denn weder Werbung noch Gebührennachlass können plötzlich Interesse an Technik oder Informatik erwecken. Das muss früher passieren, etwa in der Schule.

Natürlich benötigt man in den Massenfächern mehr Einsatz, um nach dem Studium einen Job zu bekommen. Studiert man allerdings aus strategischen Überlegungen, verliert man schnell die Freude und bricht eher ab. Dabei brauchen wir mehr Absolventen statt weniger.

An den Unis geht es schließlich immer noch um Bildung, nicht um Ausbildung. Und auch Spindelegger geht es nicht darum, den Absolventen einen Job zu garantieren, das ist gar nicht möglich. Vielmehr sucht die Regierung verzweifelt einen Weg aus der Finanzierungsmisere an den Hochschulen. Dabei wird sie nicht an einer Strukturreform vorbei kommen - und die kostet nun einmal Geld. Dieses kann - gestaffelt oder nicht - via Studiengebühren hereinkommen. Doch die sind nur denkbar, wenn das Stipendiensystem massiv ausgebaut wird und die Gebühren direkt bei den Instituten ankommen. Negativbeispiel ist Deutschland, wo gebührenfinanzierte Mähdrescher angeschafft wurden, in Passau wollte man gar eine Tiefgarage sanieren.