Polit-Schlagworte sagen mehr als tausend Worte. Dank AUA und ÖBB ist "Privatisierung" in aller Munde. | Menschen im allgemeinen und Wähler im besonderen lieben das Einfache. Leider kann die Politik nur in den seltensten Fällen damit dienen. Die Realität hält hartnäckig dagegen. Aber dafür gab der Schöpfer dem Menschen die Sprache - und dem Politiker das Schlagwort. Auf dass mit einem Satz, ja mit einem Wort die Welt wieder eine Ordnung hat und ein jeder Wähler sich auskennt. Ein bisschen guter Wille natürlich stets vorausgesetzt.
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Das Schlagwort von der Privatisierung ist so ein Fall. Spätestens seit 1983, als Wolfgang Schüssel sich sein politisches Credo "Mehr privat - weniger Staat" in Buchform von der Seele schrieb, ist die ÖVP felsenfest überzeugt, dass der Staat ein schlechter Unternehmer sei. Es sei denn, man hat es mit einem Landeshauptmann zu tun. Denn bei Landesversorgern und anderem Spielgerät in Landeshand ist natürlich auch bei den Schwarzen alles ganz anders .. .
.. . nämlich so, wie es in der SPÖ die Regel ist: Zwar mehren sich auch hier seit den Pleiten der Verstaatlichten die Zweifel an der unternehmerischen Weisheit der öffentlichen Hand, die überwiegende Mehrheit ist aber bis heute geblendet vom verführerischen Glanz großer Wirtschaftsunternehmen in Reichweite staatlicher Kontrolle.
Dank den unruhigen Meeren, auf denen derzeit AUA, ÖBB und Telekom Austria segeln, haben nun SPÖ und ÖVP wieder einmal die Gelegenheit, ihr ideologisches Profil in Sachen Privatisierung einer breiteren Bevölkerung in Erinnerung zu rufen. Und sage jetzt nur keiner Die Regierung streitet!, beteuern doch Rot und Schwarz unisono, nur das Beste für die betroffenen Unternehmen - und Österreich selbstverständlich - zu wollen. Nur der Weg trennt die ungleichen Partner.
Am klarsten prallen die Standpunkte in Sachen ÖBB aufeinander: Vizekanzler Wilhelm Molterer will die Güter-Sparte der Bahn, Rail Cargo, teilweise privatisieren - an der Infrastruktur in der öffentlichen Hand rüttelt auch der ÖVP-Chef nicht. Kanzler Alfred Gusenbauer setzt dem ein "es ist völlig klargestellt, dass es in dieser Periode zu keinen weiteren Privatisierungen kommen wird" entgegen - und hat damit für einmal das Regierungsübereinkommen auf seiner Seite.
In dem ist folglich auch von der Zukunft der AUA nichts zu lesen. Als das rot-schwarze Arbeitsprogramm niedergeschrieben wurde, im Dezember 2006, war auch der Glaube noch weit verbreitet, die AUA sei wirtschaftlich den ärgsten Überlebenssorgen entkommen. Heute weiß man es besser - und prompt verschafft sich der in der Politik überlebensnotwendige Pragmatismus die Luft zum Handeln.
Was aus der Beteiligung des wankelmütigen Scheichs wird, steht in den Sternen, schon jetzt ist aber auch Gusenbauer offen, sollte ein neues Angebot für die AUA kommen. Vorausgesetzt, so der Kanzler vor dem Ministerrat am Mittwoch, auch ein neuer Investor trete jenem Syndikat bei, das den heimischen Einfluss über die standortpolitisch wichtige Airline sicherstellt. Als ob das keine weitere Privatisierung der AUA wäre. Aber Not macht eben flexibel.