Trotz horrender Opfer an Menschen und Material besteht ein Patt, das Saudi-Arabien mit Bodentruppen auflösen möchte.
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"Der Krieg ist nichts als eine Fortsetzung des politischen Verkehrs mit Einmischung anderer Mittel. Die politische Absicht ist der Zweck, der Krieg ist das Mittel, und niemals kann das Mittel ohne Zweck gedacht werden." Diese 200 Jahre alte Lehre des preußischen Strategen Carl von Clausewitz charakterisiert die Lage in und um Syrien nur unzureichend. Denn hier brennt ein Konflikt zwischen verschiedenen "politischen Zwecken", angestrebt mit unterschiedlichen militärischen Mitteln.
Syriens Machthaber Bashar al-Assad punzierte die vielschichtige Opposition pauschal als "Terroristen". Russland pflichtete bei und beliefert Assad reichlich mit Kriegsmaterial, um seinen einzigen Stützpunkt am Mittelmeer zu behalten. Vor knapp einem Jahr befürchtete Außenminister Sergej Lawrow, Assad könnte nur noch ein halbes Jahr durchhalten. Wenig später begann die russische Luftwaffe, Syrien in Trümmer zu legen - was hunderttausende Zivilisten ungleich härter trifft als den Hauptgegner IS. Russlands Bomber und Assads schwere Waffen richten verheerende Schäden an, führen aber nicht aus dem militärischen Patt. Dieses könnte ein massiver Bodentruppeneinsatz auflösen.
Als Alternative zu dieser Horrorvision - zumal für den Westen - entwarf im November in Wien eine internationale Konferenz den Fahrplan zu einer Friedenslösung: Waffenruhe, Übergangsregierung aus Vertretern Assads und der Opposition, freie Wahlen innerhalb von 18 Monaten. Die psycho-politische Bedeutung dieser Konferenz ist daran zu ermessen, dass am Verhandlungstisch die Saudis neben ihren religiösen Erzfeinden saßen - Iranern und Vertretern Assads. Die Friedensgespräche in Genf bewahrte zuletzt nur eine dreiwöchige Pause vor dem Scheitern, weil Assad den Krieg verschärft und Russland unterschiedslos militärische und zivile Ziele massiv bombardiert. Gleichzeitig einigte sich allerdings eine internationale Geberkonferenz auf 9,4 Milliarden Euro, um die syrischen Flüchtlingsströme an der Quelle aufzufangen. Der humanitäre Zweck dieses Plans bedarf nicht der Beimischung militärischer Mittel.
Nun aber lässt Saudi-Arabien mit einem Paukenschlag aufhorchen. Es erklärte seine Bereitschaft, Truppen beizustellen, würde ein internationales Heer zum Kampf gegen den IS ins syrische Feld geschickt. Damit ergriffen die Saudis allerdings Partei für die religiösen Erzfeinde Assad und dessen Alliierten Iran. Und sie zögen in den Krieg ausgerechnet gegen den radikal-sunnitischen IS, den sie einst gegen Assad aufgepäppelt haben. Obendrein interveniert Saudi-Arabien militärisch massiv im Jemen, wird aber der vom Iran unterstützten schiitischen Huthi-Rebellen auch mit einer sunnitischen Fremdenlegion nicht Herr.
Hinter der offensiven saudischen Politik steckt der 30-jährige Verteidigungsminister und Thronfolger Mohammed bin Salman. Er gilt als cleverer Taktiker und ist ungemein populär bei den jungen Saudis, die von ihm eine durchgreifende Modernisierung erhoffen. Das setzt voraus, das enge Korsett des sunnitischen Fundamentalismus zu sprengen. Das ist vorerst eine Fata Morgana. Fest steht aber, dass sich bin Salman als "starker Mann" profiliert. Und das verheißt Ungemach mit dem Iran als zweiter Regionalmacht, sofern das Problem Syrien gelöst werden kann - Insch Allah.