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Am Wesen des Weißwählers genesen?

Von Walter Hämmerle

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Bei der Bundespräsidentenwahl entpuppte sich das viel diskutierte Weißwählen am Ende doch nur als laues Lüfterl in den Wahlkabinen. Es gibt welche, die das ändern wollen.


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Der rasche Tod der Wahlrechtsdebatte nach dem Ende der Bundespräsidentenwahl war absehbar. Für die meisten Teilnehmer war sie ohnehin nur ein praktisches Vehikel, dem ereignisarmen Hofburg-Wahlkampf zumindest ein bisschen Leben einzuhauchen.

Nicht so für Lukas Mandl. Der Generalsekretär des ÖAAB ist entschlossen, die Debatte weiterzutragen. Er will sich insbesondere für die Anerkennung des Weißwählens stark machen. Sein Vorschlag: Auch Weißwähler sollen als eigene Kategorie unter den abgebenen gültigen Stimmen mitgezählt werden, da sie seiner Meinung nach mit ihrer Stimmabgabe deutlich machen, dass sie mit keinem der zur Wahl stehenden Kandidaten einverstanden sind. Die Konsequenz: Auch bei einer Stichwahl zwischen zwei Bewerbern wäre eine absolute Mehrheit für einen der Kandidaten nicht garantiert, die Wahl müsste wiederholt werden.

Warum aber nicht gleich über eine Wiedereinführung der Wahlpflicht nachdenken, wenn einem die kontinuierlich sinkende Wahlbeteiligung schlaflose Nächte bereitet? Das sei allenfalls dann eine Option, wenn das Weißwählen nicht länger als ungültige Form der Stimmenabgabe gewertet werde, so Mandl.

Was soll eine Neubewertung des Weißwählens demokratiepolitisch bringen? Mandl verspricht sich davon eine gänzlich anders geartete Dynamik von Wahlkämpfen. So könnte etwa die Effizienz von Negativ-Kampagnen, wo die Attacke auf politische Gegner im Vordergrund steht, begrenzt werden: Es ginge nicht länger um die Frustration von Anhängern des gegnerischen Lagers, sondern um aktives Werben für die eigene Ziele.

Warum nicht gleich bei den Parteien ansetzen und etwa die Wahlkampfkostenrückerstattung oder die Zahl der Mandate an die Beteiligung knüpfen? Für diesen radikalen Ansatz ist Mandl nicht zu haben. "Zu populistisch" befindet er.

Viel lieber sähe Mandl die Allmacht der Parteien bei der Mandatsvergabe beschnitten und Persönlichkeitselemente gestärkt: Er will auch hier "möglichst viel dem Wähler selbst zur Entscheidung überlassen". Deshalb solle allein die Zahl der Vorzugsstimmen entscheiden, wer ein Mandat erhalte, und nicht die Listenreihung.

Bleibt die Frage, wie viel Politik den Bürgern auch zumutbar ist. Für die allermeisten stehen andere Probleme des Alltags ganz oben auf der Sorgenliste: Familie, Freunde, Arbeitsplatz. Das Interesse an Politik kann da oft nicht mithalten. Zudem müsste, wer sich über die Selektion der Politiker den Kopf zerbricht, wohl auch an der Vergütungsschraube drehen. Für Spitzenleute ist der Politiker-Job finanziell schlicht unattraktiv.

Und noch ein Argument lässt Zweifel aufkommen, ob die Vorteile eines Persönlichkeitswahlrechts in Österreich auch tatsächlich umsetzbar wären: die heimische Medienlandschaft. Würde diese den erhofften Wettbewerb der besten Köpfe um Wählerstimmen beflügeln oder abwürgen?