"Kindle Fire" soll nur knapp 200 Dollar kosten.
| Neue Browser-Architektur Silk soll Surfen Flügel verleihen.
| Kritik an Ausrichtung auf einen Marktplatz.
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New York. Der Markt für Tablets steht vor einer neuerlichen Umwälzung: Nach den Marktführern Apple und Samsung wagt sich nun auch der Versandhändler Amazon auf das hart umkämpfte und wachstumsträchtige Terrain der Kleincomputer: Mit dem "Kindle Fire" wirft Amazon einen attraktiven Konkurrenten gegen iPad & Co in die Schlacht. Gelingen soll der Angriff auf die Platzhirschen dank einer äußerst aggressiven Preispolitik - für rund 150 Euro will man den Kindle Fire als Tablet für jedermann positionieren.
"Kindle Fire führt alle Dinge, an denen wir bei Amazon 15 Jahre lang gearbeitet haben, für unsere Kunden in ein einzelnes, integriertes Angebot zusammen", frohlockt Jeff Bezos, Gründer und Chef von Amazon. Konkret hat das Kindle Fire, für dessen Marktstart in Europa noch kein Termin bekanntgegeben wurde, vieles, was ein Tablet derzeit haben sollte: WLAN-Anbindung, den neuartigen Silk-Browser für rasches Surfen im Web, ein zeitgemäßes - wenngleich kleiner dimensioniertes - Display - und die Einbettung in einen großen Marktplatz.
Gerade letzteres dürfte für Amazon von größtem Interesse sein: Von der Anbindung der Kindle Fire-Nutzer an Amazons breite Online-Angebot an Filmen, Musik und Apps erhofft man sich kräftige Umsatzzuwächse. Analysten der Benchmark Company sagten Amazon bereits ein durch den Kindle Fire-Verkaufsstart getriebenes Umsatzwachstum von bis zu 46 Prozent gegenüber dem Vorjahr voraus. Dafür, dass Kindle Fire diese Erwartungen auch erfüllt, soll in erster Linie der Preis sorgen: Das Amazon-Tablet wird gerade einmal 150 Euro kosten. Und damit deutlich weniger als Apples Tablet-Flaggschiff iPad, für das immerhin rund 500 Euro zu berappen sind.
Dabei erfüllt das Kindle Fire keineswegs alle Wünsche von Tablet-Fans. Zwar soll das Tablet mit einem multitouchfähigen Display mit einer Auflösung von 1024 mal 600 Pixel und dem Doppelkernprozessor technisch einigermaßen auf der Höhe der Zeit sein, als iPad-Killer geht das Kindle Fire allerdings kaum durch. Technologisch neue Wege beschreitet man lediglich mit dem Web Browser Silk: Mit der "Split Browser"-Architektur soll die Seitendarstellung dank vorgeladener Inhalte auf Amazons Computer Cloud EC2 stark beschleunigt werden. Welche Seiten in den Genuss des EC2-Hostings kommen, ist allerdings ebenso wenig klar, wie die Tatsache, ob die Beschleunigung tatsächlich so stark ausfällt, wie Amazon dies angekündigt hat.
Geschlossene Architektur
Kritik rief auch die geschlossene Architektur, die das Kindle Fire aufweist, hervor: So ist es etwa nicht möglich, auf andere Marktplätze als Amazon auszuweichen. Ferner werden die Appls, die über Amazon zu beziehen sind, getestet - und damit auch gefiltert. Neu ist jedoch auch diese Vorgehensweise nicht, ist doch auch Apples iPad auf einen einzelnen Marktplatz - iTunes- ausgerichtet. Schließlich glaubt Amazon, mit der Palette an 100.000 Filmen und Fernsehinhalten, über 17 Millionen MP3-Titeln, einer großen Auswahl an Android-Apps und über einer Million Kindle-Büchern den Konsumenten ein umfangreiches Angebot unterbreiten zu können.
Ob der Markt das Kindle Fire ebenso euphorisch aufnimmt wie das iPad und ob Amazon damit Apple tatsächlich Marktanteile abspenstig machen kann, wird sich weisen. Mit dem Marktstart wählte der Versandhändler jedenfalls einen günstigen Termin: In den USA soll das Tablet ab 15. November verfügbar sein. Und damit rechtzeitig für das Weihnachtsgeschäft fertig sein.