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"Es gibt Situationen, wo Objektivität absurd ist. Ich darf und will Meinung zeigen, unehrlich wäre es dann, wenn ich meine Meinung verstecke." Der Mann, der das sagt, muss es ja wissen: Er ist Karim El-Gawhary, Ägypten-Korrespondent unter anderen des ORF und spätestens seit dem Arabischen Frühling einer der beliebtesten Korrespondenten des ORF. Dem sieht man schon einmal nach, dass er seinen eigenen Vater interviewt oder etwa die Sicht seiner Tante in seine Beiträge einbringt. Das ist durchaus erfrischend und hebt sich wohltuend vom staatstragenden Gerede ab, das manche Korrespondenten befällt, sobald die Kamera läuft. Was man bei ihm schätzt, ist, dass er authentisch ist. Kein entsandter Redakteur, der das Land, in das es ihn gerade verschlagen hat, nur als Zwischenstation auf dem Weg zum gemütlichen Chefposten in Wien sieht, sondern jemand, dem man abnimmt, dass er mitzittert und mitfiebert, wenn die Revolution hereinbricht. Das bringt eine Sicht der Dinge, die naturgemäß nicht objektiv sein kann, aber dennoch mehr für das Verständnis der Dinge sorgt als die beste, geschliffenste außenpolitische Analyse.
Es ist gut, dass zumindest die öffentlich-rechtlichen Sender noch großen Wert auf ein dichtes und authentisches Korrespondentennetz legen, obwohl die Kosten gerade für dieses TV-Genre beträchtlich sind. Immerhin muss ein Auslandsbüro auch dann erhalten werden, wenn nicht gerade die Revolution ausbricht, sondern eher ruhigere Fahrwasser anstehen.