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Ambulanzgebühren unter Beschuss

Von Brigitte Pechar

Politik

Die SPÖ macht nun ernst mit ihrer Kritik an den Ambulanzgebühren und der Besteuerung der Unfallrenten. In beiden Fällen wird der Verfassungsgerichtshof angerufen, kündigte SPÖ-Klubobmann Peter Kostelka gestern an. Gesundheitsstadträtin Elisabeth Pittermann rechnet alleine in den Wiener Spitälern mit 320 Mill. Schilling Verwaltungskosten für die Ambulanzgebühren. Die Ärztekammer, die grundsätzlich für Beitragskosten bei den Spitalsambulanzen ist, wünscht sich eine andere Durchführungsverordnung.


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Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hatte am Dienstag zu den Ambulanzgebühren gemeint: "Das Gesetz gilt". Man solle nun die Praxis abwarten und ein Jahr lang beobachten. Die Salzburger Spitalslandesrätin Maria Haidinger (V) fordert eine Evaluierung bereits bis Sommer 2001: Spätestens dann sollte ein Gesundheitsgipfel einberufen werden. Sie selbst sei jahrelang Spitalsärztin gewesen und verwahre sich dagegen, dass Spitalsärzte eine wesentliche Zeit des Arzt-Patienten-Gespräches für Verwaltungsaufwand leisten müssten. Die Ärzte entscheiden, ob ein Patient ein Notfall ist oder nicht. Davon hängt auch ab, ob die Patienten die Ambulanzgebühr zahlen müssen. Der Kanzler sieht es als völlig logisch an, dass die Ärzte - "Wer sonst?" - diese Entscheidung treffen.

Die Wiener Gesundheitsstadträtin Pittermann wiederum sieht es "fast als persönlichen Affront, dass ich das, was ich so bekämpft habe, jetzt vollziehen muss." Pittermann war ja bis Dezember des Vorjahres SPÖ-Abgeordnete zum Nationalrat. Als solche habe sie vor dieser "unseligen Gebühr" immer gewarnt. Der zusätzliche administrative Aufwand stehe in keiner Relation zu den zu erwartenden Einnahmen. Alleine für Wien verursache der Verwaltungsaufwand für 3,1 Millionen Ambulanzpatienten Mehrkosten von rund 350 Mill. Schilling, rechnet die Finanzleiterin des Wiener Krankenanstaltenbundes Carola Prazak vor. Der Hauptverband rechnet dagegen mit Mehreinnahmen von bundesweit 200 Mill. Schilling. Ernst Stadlmayr, Verwaltungsdirektor des Wiener AKH, stellt seit 1. März auch keinen Rückgang der Ambulanzpatienten fest.

Der Vorstand der Ärztekammer Oberösterreichs wiederum fordert von der Bundesregierung eine "Adaptierung der Durchführungsverordnung", erklärt sich aber bei einer "praktikablen Gestaltung" bereit zur Mitarbeit.

Unfallrenten am Montag Thema im Hohen Haus

Die Einbringung der Klage gegen die Ambulanzgebühren wird noch einige Wochen auf sich warten lassen - die SPÖ wolle vorher noch Gutachten dazu erstellen lassen, erklärte Kostelka gestern in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖ-Behindertensprecherin Brunhilde Plank und Klaus Voget, dem Präsidenten des Dachverbandes der Behindertenorganisationen.

Bereits gestern wurde aber die Klage der SPÖ beim VfGH gegen die Besteuerung der Unfallrenten eingebracht. Voget sprach von "katastrophalen finanziellen Auswirkungen" auf die Betroffenen mit Einkommensminderungen zwischen 1.500 und 10.000 Schilling. 60 Prozent der UnfallrentnerInnen seien PensionistInnen mit einem Gesamteinkommen zwischen 14.000 und 15.000 Schilling, wovon die Unfallrente 3.000 Schilling ausmache. Nun fehlten diesen Personen 1.000 Schilling. Nachdem SPÖ-Anträge dazu im Parlament acht Mal abgewiesen worden seien, werde die heiße Kartoffel nun herumgereicht, kritisierte Plank: "Jetzt spricht man von abfedern."

Kostelka nannte drei Gründe für die VfGH-Klage. Erstens: Für die Unfallrente wird zunächst die Bemessungsgrundlage, die von der Höhe des Einkommens vor dem Unfall abhängt, gebildet. Davon gebühren nur zwei Drittel, weil man von einem durchschnittlichen Steuersatz von einem Drittel ausgeht. Die endgültige Höhe der Unfallrente hängt dann vom Prozentsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit ab. Die nunmehrige Besteuerung bedeutet daher eine "doppelte Besteuerung", kritisiert Kostelka. Zweitens habe der Verfassungsgerichtshof bereits in zwei Erkenntnissen festgestellt, dass die Unfallrente nicht bloß Einkommensersatz, sondern pauschalierter Schadenersatz ist. Schadenersatzleistungen seien steuerfrei. Und drittens führt die SPÖ die Verletzung des Vertrauensschutzes an. Denn das Budgetbegleitgesetz 2001 sei am 29. Dezember 2000 ausgegeben worden, die Besteuerung sei zwei Tage später, am 1. Jänner 2001, in Kraft getreten.

Noch hofft die SPÖ, die die Unfallrenten am Montag bei der Sondersitzung des Nationalrates neuerlich zum Thema machen wird, auf die Unterstützung von 14 Abgeordneten der Koalitionsfraktionen. Der Weg zum VfGH sei die "ultima ratio", denn dieses Thema gehöre politisch gelöst.

FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler kritisierte, dass sich die SPÖ "in einer Klagsflut sondergleichen verrennt".