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"The American Dream" - ja, es gibt ihn noch. Sogar im Sport. Wer am Montag live miterlebt hat, wie die oft gestrauchelte US-Amerikanerin Lindsey Vonn beim Super G in Cortina ihren
63. Weltcup-Sieg einfuhr und damit die Allzeitführende im Damen-Weltcup, Annemarie Moser-Pröll, vom Thron stieß, muss zugeben: Die mehrfache Weltmeisterin, Olympia- und Gesamtweltcupsiegerin hat fast alles erreicht, was man auf diesem Gebiet erreichen kann. Ins Drehbuch passt auch das Narrativ, dass Vonn nach ihrem Sturz in Schladming 2013 wieder bei null anfangen und sich trotz Rückschlägen wieder an die Spitze kämpfen musste. Sie habe mit diesem Sieg, wie sie erklärte, "Geschichte" geschrieben.
Nun hat aber diese Geschichte - trotz allen berechtigten Lobes - auch kleine Kratzer. Zunächst einmal hinkt der Vergleich mit Moser-Pröll. Als die Salzburgerin in den 1970er Jahren die Skiwelt aufmischte, war der Super G als Disziplin noch nicht zugelassen. Dass ausgerechnet hier Vonn immerhin 21 ihrer 63 Weltcups geholt hat, gibt zu denken - zumal man annehmen darf, dass auch Moser-Pröll in der Disziplin Furore gemacht hätte. Dass die Österreicherin für ihren Rekord nur neun, Vonn aber 15 Jahre gebraucht hat, ist, wenn man ganz streng sein will, vielleicht auch eine Erwähnung wert. Hinzu kommt, dass die Stardichte bei den Damen selten so durchlässig war wie heute. Mit Ausnahme von Anna Fenninger und Tina Maze ist die Konkurrenz überschaubar. Wäre Vonn ein Mann, so wäre ihr dort ein Erfolgscomeback wohl schwerer gefallen. Vom Bruch
des Allzeitrekords von Ingemar Stenmark (84 Weltcupsiege) gar nicht erst zu reden.