Jerusalem - Die amerikanischen Drohungen gegen Syrien haben in Israel ein begeistertes Echo gefunden. Ministerpräsident Ariel Sharon beeilte sich, dem "großen Bruder" USA verbal zur Seite zu stehen. Washington solle "sehr heftigen Druck" auf Damaskus ausüben. Es müsse ja nicht gleich Krieg sein, räumte Sharon ein, aber diplomatischer und wirtschaftlicher Druck sei angeraten. Die strategische Position Israels im Nahen Osten gilt seit dem praktischen Ende des Krieges gegen den Irak als deutlich verbessert.
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Die Ostfront, die Israel jahrelang bedrohte, existiert nach dem Sturz Saddam Husseins nicht länger, schrieb die Tageszeitung "Maariv". Und Syrien sei so unter politischen Druck geraten, dass es sich "entweder den amerikanischen Forderungen unterwirft, oder in den nächsten Jahren jede Menge Probleme zu erwarten" habe. Dies wiederum wird nach Ansicht des Blattes Auswirkungen auf die von Syrien unterstützte pro-iranische schiitische Hisbollah-Miliz im Südlibanon haben, die Israel beizeiten mit Kurzstreckenraketen beschießt.
Mit den eingeleiteten Reformen in den palästinensischen Gebieten bahnen sich für Israel auch an dieser Front positive Veränderungen an. Außerdem gilt der Süden Israels durch das Friedensabkommen mit Ägypten als weitgehend sicher. Angesichts dieser neuen Lage forderte Israels Verteidigungsminister Shaul Mofaz bereits ein völlig neues strategisches Konzept für die bei weitem schlagkräftigste Armee in der Region. Von Syrien fühlt sich Israel dennoch weiter bedroht. Auch wenn die Führung in Damaskus seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 stets penibel darauf bedacht war, alle Zwischenfälle im Grenzgebiet zu den von den Israelis besetzten Golan-Höhen zu verhindern, verfügt das Land über ein großes Arsenal an Mittelstreckenraketen, die jeden Ort in Israel erreichen können. Dass es über chemische Waffen verfügt, hat Damaskus stets bestritten.
Sorge machen Israel die militanten Palästinenserorganisationen, insbesondere Hamas und Islamischer Heiliger Krieg. In enger Zusammenarbeit mit dem Iran hat Syrien die Hisbollah nach israelischen Angaben in den vergangenen Jahren mit hunderten Raketen ausgerüstet, die selbst die Stadt Haifa treffen können. Entsprechend hat Sharon Forderungen gestellt. U.a. verlangte er die Ausweisung der "palästinensischen Terroristen" und iranischer Revolutionsgarden aus dem Libanon, ein Ende der syrischen Kooperation mit dem Iran und die Demontage der Kurzstreckenraketen der Hisbollah. Israelische Kommentatoren bezweifeln allerdings, dass die USA diese Wünsche Israels ohne Gegenleistungen erfüllen. "Selbst wenn der internationale Druck - mit US-Unterstützung - uns erst erreicht, nachdem allen anderen Ländern der Region eine Lektion erteilt wurde: Am Ende werden wir ihn zu spüren bekommen", warnte "Maariv".