Sarah Palin macht sich zur Wortführerin der Moschee-Gegner in New York. | Bürgermeister plädiert für Toleranz. | New York. Eigentlich gelten die New Yorker ja als liberal und offen. Doch dieses Bauprojekt geht auch vielen von ihnen zu weit: Keine 200 Meter vom Ground Zero und dem Mahnmal für die mehr als 3000 Opfer der Anschläge vom 11. September 2001 soll eine Moschee entstehen. Und schon seit Wochen wird über dieses Thema gestritten.
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Sarah Palin, die ehemalige republikanische Vize-Präsidentschaftskandidatin, hat sich mittlerweile zur Wortführerin der Gegner gemacht. Gemäßigte Politiker wie New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg mahnen zur Toleranz und beschwören die vom Freiheitsgedanken beseelte Geschichte der Vereinigten Staaten.
Denn traditionell sind die USA ein Land absoluter religiöser Toleranz. Das hat in der Vergangenheit zur Gründung mancher skurrilen Kleinkirche geführt. Moslems, die in ihren Wohngebieten Moscheen errichten wollten, hatten vor dem 11. September keine Probleme. Seither hat sich die öffentliche Meinung aber verändert. Die Vertreter der Muslime in Amerika protestieren heftig dagegen. "Jedesmal wenn ein Moslem in der Gesellschaft seinen Kopf hebt, dann gehen die Moslem-Hasser auf ihn los", sagte Ibrahim Hooper, Sprecher des Rates für amerikanisch-islamische Beziehungen. "Die Moschee-Debatte scheint in einer Reihe von Menschen den religiösen Eiferer geweckt zu haben."
"Stiche ins Herz"
Die Moschee am Ground Zero, wo islamistische Terroristen mit gekaperten Flugzeugen die beiden Türme des World Trade Centers zum Einsturz gebracht hatten, war erstmals so richtig in die Schlagzeilen der New Yorker Boulevardpresse geraten, als Ende Mai die Baugenehmigung erteilt wurde. Geplant ist ein 13-stöckiges Haus, für das rund 100 Millionen Dollar an Kosten veranschlagt sind. Neben der Moschee soll es unter anderem ein islamisches Gemeindezentrum, ein Theater und eine Kochschule beherbergen. Das bisherige Gebäude war durch den Terroranschlag beschädigt worden. Dennoch hatten Moslems dort seither Gebetsstunden gehalten.
Zum nationalen Diskussionsstoff wurde die Moschee allerdings, als Palin, die ihre neue Heimat in der konservativen Tea Party-Bewegung gefunden zu haben scheint, in dieser Woche das Thema aufgriff. Sie wandte sich an "die friedliebenden Moslems" und bat sie, von dem Bauprojekt Abstand zu nehmen, das an dieser Stelle als "Provokation und Stiche ins Herz" verstanden werde. Noch immer seien das Leid und die Trauer um die Attentatsopfer gegenwärtig. Die New Yorker rief Palin dazu auf, sich gegen die Moschee an dieser symbolträchtigen Stelle zu wehren. Bürgermeister Bloomberg, Palins gemäßigter Parteikollege, hatte das Projekt hingegen von Anfang an als Symbol der Versöhnung begrüßt. "Die USA und New York stehen für Toleranz und Offenheit", sagte Bloomberg.
Unterstützt wird das Projekt von der Amerikanischen Gesellschaft für Moslem-Förderung und der Cordoba-Initiative, die betonen, viele der geplanten Einrichtungen würden allen Glaubensrichtungen offen stehen. Imam soll Feisal Abdul Rauf werden. Der ist reichlich umstritten, seine Gegner werden ihm vor, Beziehungen zu Terroristen unterhalten. Rauf gehört einer malaysischen Gruppe an, die unter anderem das Blockadebrecher-Schiff vor Gaza finanzierte. Zudem weigert er sich, die Hamas zu verurteilen, die in Gaza die Macht hat, aber auf der offiziellen US-Liste der Terrororganisationen steht. Auch ist unklar, woher er die Millionen für die Moschee bekommt, vermutet werden dahinter radikal-islamische Kreise in Saudi Arabien.
"Er ist nicht der Mann, für den er sich ausgibt", sagt Deborah Burlingame, deren Bruder der Pilot jenes Flugzeuges war, das die Terroristen ins Pentagon gesteuert hatten. "Es gibt zwei Imame Rauf. Den einen anti-israelischen, anti-demokratischen Imam und dann den freundlichen Moslem, der sagt: Warum sollten wir nicht miteinander auskommen?".
"Islam nicht ermutigen"
Ähnliche Diskussionen wie in New York gibt es aber mittlerweile vielerorts in den USA - vom eigentlich sehr liberalen Massachusetts bis hin nach Tennessee. Auch in Temecula in Südkalifornien protestieren Christen gegen eine geplante Moschee. "Wir wollen hier nichts haben, was den Islam ermutigt", sagt Pastor Bill Rench von der örtlichen Baptistenkirche. Die Moschee soll ganz in der Nähe seiner Calvary-Kirche gebaut werden. Der in Temecula lebende Imam Mahmoud Harmoush versteht hingegen die Welt nicht mehr. "Wir haben die Baugenehmigung beantragt, seit drei Jahren mit den örtlichen Behörden geplant und auf einmal stehen in den öffentlichen Anhörungen dazu Menschen gegen uns auf", sagt Harmoush.