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Amintore Fanfani 1908 bis 1999

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Rom · Amintore Fanfani, einer der Väter der italienischen Republik, langjähriger Senatspräsident, sechsmaliger Regierungschef und Senator auf Lebenszeit, ist Samstag im Alter von 91 Jahren | in Rom gestorben.


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Fanfani, der am 23. Oktober wegen Herzbeschwerden in eine römische Klinik eingeliefert worden war, hatte Samstag vormittag mit seiner Frau Maria Pia das Krankenhaus verlassen und war nach Hause

zurückgekehrt. Wegen einer plötzlichen Herzkrise starb er in einer Wohnung in der Nähe des römischen Senats.

Der kleinwüchsige, am 6. Februar 1908 als Sohn eines Arztes in Pieve Santo Stefano bei Arezzo (Toskana) geborene Fanfani war einer der führenden Vertreter der Christdemokraten seit der unmittelbaren

Nachkriegszeit.

Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften in Mailand lehrte er zwischen 1936 und 1943 an den Universitäten von Mailand und Venedig. 1943 flüchtete er in die Schweiz.

1946 wurde er für die Christdemokraten in die Verfassungsgebende Versammlung gewählt und rückte auch in den Parteivorstand auf. 1947 übernahm er als Arbeitsminister seinen ersten Kabinettsposten, dem

noch zahlreiche weitere folgen sollten. Bis auf das Amt des Staatspräsidenten, das er 1971 vergeblich anstrebte · sein Parteikollege Giovanni Leone machte damals das Rennen · hat Fanfani nahezu alle

politischen Ämter bekleidet. 1954 wurde er erstmals Ministerpräsident · allerdings nur für drei Wochen. 1958, 1960, 1962, 1982 und zuletzt 1987 stand er erneut an der Spitze von italienischen

Regierungen. U.a. bekleidete er in den Jahren dazwischen die Positionen des Innen- und Außenministers. 1954 bis 1959 und dann wieder zwischen 1973 und 1975 war Fanfani christdemokratischer

Parteichef. Die schwere Niederlage beim Referendum gegen die Ehescheidung im Jahr 1974, die ihm von seinen Parteifreunden angelastet wurde und die Zugewinne der Kommunisten bei den Wahlen 1975 und

1976 schienen seinen Stern endgültig zum Sinken gebracht zu haben. Aber Amintore Fanfani sollte sich als politisches Stehaufmännchen erweisen. Wie schon zwischen 1968 und 1973 wurde er 1976 wieder

Senatspräsident (bis 1982). Diese Position bekleidete er noch einmal im Jahr 1985 nach der Wahl Francesco Cossigas zum Staatspräsidenten.

Fanfani zählte zu den wenigen Spitzenpolitikern der Democrazia Cristiana, die von der gigantischen Korruptions-Affäre unberührt geblieben sind, die Italien zwischen 1992 und 1994 erschütterte.

Nachdem die Democrazia Cristiana Anfang 1994 wegen der Verwicklung zahlloser Politiker in Schmiergeldaffären aufgelöst wurde, trat Fanfani der Volkspartei (PPI, Nachfolgepartei der DC) bei. Seither

lebte der nach dem Tod seiner ersten Frau, mit der er sieben Kinder hatte, in zweiter Ehe mit Maria Pia Vecchi Tarrazani verheiratete Fanfani zurückgezogen in seiner römischen Wohnung, wo er sich vor

allem seinem Hobby, dem Malen widmete.