Schwerpunkte: Ökonomie, Europa und Ermittlung. | Mehr Kooperation mit Wissenschaft. | "Wiener Zeitung:"Sie sind seit 1. Juli Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), und es hat bereits die erste Hausdurchsuchung (beim Salzburger Beschlägehersteller Maco, Anm.) gegeben. Ist das ein Vorgeschmack auf eine bissige Art der Amtsführung?
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Theodor Thanner: Das ist eine Hausdurchsuchung im Auftrag der EU-Kommission gewesen, die von zwei Mitarbeitern der BWB professionell begleitet wurde. Die Kommission wird nun die Ergebnisse bewerten. Sie hat hier erstmals eine neue Software für die Analyse von Daten auf verdächtigen Computern verwendet. Das Programm beherrscht es, vermeintlich endgültig gelöschte Dateien wieder zu finden.
Um welche Verdachtsmomente handelt es sich hier?
Es gibt den Verdacht auf Preisabsprachen. Dabei sind nicht nur in Österreich, sondern soweit wir wissen auch in Ungarn und Deutschland Durchsuchungen durchgeführt worden.
Treten Sie für härtere Strafen bei Kartellverstößen ein?
Die Geldstrafen sind Sache der Gerichte. Wir werden sehen, wie das Aufzugsverfahren (mehrere Aufzugshersteller sind wegen Kartellverstößen angeklagt, Anm.) ausgeht. Da erwarte ich auch für die Frage der Bußgelder eine richtungsweisende Entscheidung.
In Zusammenhang mit dem Aufzugskartell hat die BWB erstmals einem Kronzeugen, der mit der Behörde kooperiert hat, Schutz vor Bußgeldern gewährt. Wie bewährt sich dieses System?
Es hat auch noch andere Kronzeugen-Verfahren gegeben - im mittleren einstelligen Bereich. Die Kronzeugenregelung wirkt.
Orten Sie in Österreich strukturelle Wettbewerbsprobleme? Wo werden Sie ganz besonders genau hinschauen?
Ich würde zum jetzigen Zeitpunkt keiner Branche ausrichten wollen, dass sie besonders im Auge des Wettbewerbshüters steht. Wir werden aber etwa den Lebensmitteleinzelhandel weiter intensiv beobachten.
Wie gehen Sie etwa in Zusammenhang mit Rewe/Adeg weiter vor?
Hier werden wir schauen, was Brüssel macht. Ich werde das kommende Woche bei meinem Antrittsbesuch ansprechen, weil: Was bei uns in Sachen schnelle Verfahren gilt, soll auch in Brüssel gelten.
In der kommenden Woche könnten Sie viel zu tun bekommen. Die Erste Bank will dem Vernehmen nach den Zusammenschluss mit 43 Sparkassen anmelden.
Bis jetzt ist noch nichts da. Wir werden uns das aber genau anschauen.
Ist das nicht anhand einzelner Fälle durchjudiziert?
Dieser Verbund erfordert schon eine gesamthafte Betrachtung. Aber bisher hat es noch keine Kontaktaufnahme mit mir gegeben. Ich habe davon mit Interesse in der Zeitung gelesen.
Vor Ihrer Bestellung hat Ihnen die SPÖ die nötige Qualifikation abgesprochen. Was halten Sie dagegen?
Ich habe gerade ein Buch zum Thema Sonderbehörden - da zählt auch die BWB dazu - herausgegeben und mich im Rahmen des Österreichkonvents intensiv mit diesem Thema befasst. Darüber hinaus habe ich im Rahmen meiner langjährigen Ministerialtätigkeiten auch mit Wettbewerbsfragen zu tun gehabt.
Wie werden Sie nun Ihre Amtsführung ausrichten?
Der Job des Generaldirektors ist eine Managementaufgabe. Ich sehe aber auch eine wesentliche Vermittlungs- und Moderationsaufgabe. Er darf jedoch nicht dabei bleiben. Ich nehme Hinweise, dass die Verfahren schneller gehen müssten, sehr ernst.
Wie werden Sie die BWB positionieren?
Die Behörde arbeitet professionell. Ich will die Strukturen schärfen und lege Wert auf die Säulen Europa, ökonomische Analyse und Ermittlung. Das soll zu mehr Biss und rascheren Verfahren führen. Außerdem werde ich wissenschaftliche Kooperationen intensivieren. Man könnte etwa Praktika in der BWB durchführen. Es gibt eine Reihe passender Studiengänge. So würde Expertise im Wettbewerbsrecht aufgebaut. Auch in der Ausbildung zu Rechtsberufen würden alle Beteiligten von einer Ausbildungsstation Bundeswettbewerbsbehörde profitieren.
Wie wollen Sie denn die "Säule Europa" stärken?
Immer wieder gehen Mitarbeiter der BWB eine Zeit lang nach Brüssel. Ich möchte die Generaldirektion Wettbewerb einladen, Mitarbeiter nach Österreich zu schicken. Die Kommissionsleute sollten sehen, wie es an der Front aussieht.
Derzeit wird das Wettbewerbsrecht im Auftrag der Bundesregierung evaluiert. Wie stehen Sie zur - politisch umstrittenen - Idee der Zusammenführung von Bundeskartellanwalt und BWB?
Ich will mich nicht zu politischen Fragen äußern. Das Regierungsprogramm sieht die Prüfung der Zusammenlegung der beiden Institutionen vor. Mir ist jetzt wichtig, dass die Zusammenarbeit funktioniert. Deshalb habe ich mich gleich am ersten Tag mit dem Bundeskartellanwalt zusammengesetzt und beste Kooperation vereinbart.
Wären Sie dafür, die BWB in Richtung einer Entscheidungsbehörde zu stärken?
Das ist nicht etwas, worüber ich prioritär nachdenke. Die BWB ist Ermittlungs- und Aufgriffsbehörde und in ein austariertes Gesamtkonzept eingebunden. Ich will den Ergebnissen der Evaluierungsgruppe hier aber nicht vorgreifen.
Der Generaldirektor der BWB ist weisungsfrei und nicht leicht absetzbar. Wie werden Sie diese starke Position zum Wohle der Wirtschaft und der Konsumenten nutzen?
Mit Respekt, mit Zurückhaltung, aber sehr konsequent. Behutsam in der Art, aber hart in der Sache.