Bürgermeister und geschäftsführender Gemeinderat im Visier der Korruptionsermittler. | Die Vorwürfe des Amtsmissbrauchs werden bestritten.
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Wiener Neustadt. Die Marktgemeinde Vösendorf, bekannt durch die Shopping City Süd, steht im Mittelpunkt eines mutmaßlichen Bauskandals. Das Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK), das auch die Telekom-Kursmanipulationsaffäre durchleuchtet, ermittelt im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt unter der Aktenzahl 11 St 84/11g gegen den Vösendorfer SP-Bürgermeister Friedrich Scharrer und den geschäftsführenden Gemeinderat und Bauingenieur Johann Pipek (Liste V2000). Der Verdacht: Amtsmissbrauch zum Nachteil der Gemeinde Vösendorf.
Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen angebliche Ungereimtheiten bei Bauaufträgen und der Abrechnung. Die Ermittlungen wurden durch eine Anzeige eines Gemeinderats ausgelöst. Die Vorwürfe werden bestritten. Scharrer weilt derzeit auf Urlaub. „Er ist noch gar nicht einvernommen worden”, sagt Simone Scheiblauer, die Assistentin des Vösendorfer Ortschefs, die gut über das Verfahren informiert ist. „Sie können davon ausgehen, dass er die Vorwürfe bestreitet.” Auch Johann Pipek weist diese zurück.
Kindergarten-Auftrag
Laut Aktenlage soll Pipek bei der Sanierung des Kindergartens in der Mühlgasse im Auftrag des Architekten M. „sowohl für die Ausschreibung als auch für die örtliche Bauaufsicht tätig” gewesen sein. Außerdem soll der Baumeister laut Zeugen „der einzige geschäftsführende Gemeinderat sein, der Beauftragungen durchführt, obwohl das Sache der Gemeindebediensteten ist”. Mehr noch: Pipek soll der einzige Gemeinderat sein, „der bei Großprojekten auf Auftragnehmerseite Geschäfte für die Gemeinde ausführt und abwickelt, obwohl er auch im Gemeindegremium sitzt und sich bei den entsprechenden Beschlüssen nie als befangen erklärt hat”. Laut Zeugenaussagen beim BAK soll Pipek, der seit der Gemeinderatswahl 2010 die Agenden Straßen- und Kanalbau politisch verantwortet, in Vertretung des Architekten „die Pläne für den neuen Kindergarten im Schlosspark bereits fertigt gehabt haben, bevor der Bau vom Gemeinderat beschlossen wurde”. Doch dem Gemeinderat waren die Pläne „massiv überdimensioniert”, schlussendlich wurde umgeplant und ein Architekten-Wettbewerb ausgeschrieben.
Auch soll es beim Kanalprojekt BA 10 zu einer fragwürdigen Baukostenüberschreitung in Höhe von bis zu 300.000 Euro gekommen sein, die aber nachträglich vom Gemeinderat abgesegnet worden sein soll.
Starker Tobak
„So viel Blödsinn habe ich noch nicht gehört. Das sind falsche Beschuldigungen, ich sehe dem Verfahren gelassen entgegen”, sagt Pipek zur „Wiener Zeitung”. „Ich habe dem Bürgermeister gesagt, ich lass mir das nicht gefallen, weil das ja nichts anderes heißt, als der Pipek hat mitgenascht. Ich habe in diesen 20 Jahren, seit ich aus der SPÖ weggegangen bin und eine eigene Liste gegründet habe, keinen Auftrag der Gemeinde Vösendorf erhalten.” Nachsatz: „Ich habe beim Kindergarten Schlosspark weder eine Bauaufsicht gemacht noch habe ich Aufträge rausgegeben oder Abrechnungen gemacht.”
Die Auftragsvergabe habe das Bauamt gemacht. „Wo hätte ich da jemanden manipulieren können, das geht ja gar nicht, ich habe ja nicht einmal ein Einspruchsrecht”, wettert Pipek. Indes hat Pipeks Firma I.-T. Bau GmbH einen Auftrag zur Sanierung des Sportzentrums erhalten, das abgebrannt war. Für diesen Auftrag interessieren sich auch die Ermittler des BAK. „Der Bürgermeister hat zu mir gesagt, willst du das machen, das ist eine Versicherungssache, du bekommst die Summe, die uns die Versicherung gibt”, erklärt der Baumeister. „Das Sportzentrum war unterversichert. Wir haben uns zusammengesetzt und versucht, die Preise runter zu kriegen. Es war zwar im Prinzip ein Auftrag der Gemeinde, aber die Versicherung hat bezahlt.”
Erich Habitzl von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt bestätigt, dass bereits ein Sachverständiger für Bauabwicklung und -abrechnung bestellt wurde. Er soll auch die lukrierten Förderungen durchleuchten.