SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim skizzierte gestern die justizpolitischen Vorstellungen seiner Partei. Assistiert wurde ihm dabei von Franz Nebel, dem Vorsitzenden der Justizwachegewerkschaft. Beide kritisierten die Übersiedlung des Jugendgerichtshofs (JGH) ins Wiener Straflandesgericht - Gerüchten zufolge sollen aufgrund der Raumnot im "Grauen Haus" Wohnungen für JGH-Mitarbeiter angemietet werden.
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Dass der JGH jetzt nicht per Gesetz aufgelöst, sondern per Ministerial-Erlass übersiedelt werden soll, sei "höchst bedenklich", erklärte Jarolim gestern vor Journalisten. Jarolim und Nebel verwiesen auf das ungelöste Problem des Platzmangels im "Grauen Haus". Ein Teil der JGH-Beamten würde mit dem für Ende Dezember anberaumten Umzug "unterstandslos umherirren", ätzte Nebel: "Vielleicht wird ja im Innenhof ein Zelt aufgestellt".
Jüngsten Gerüchten zu Folge suche das Justizministerium bereits Wohnungen in der Wickenburggasse, um Platz für Amtsräume der JGH-Mitarbeiter zu schaffen, berichtet der Gewerkschaftler. Was freilich sowohl von Hermann Gärm, Leiter der Personal und Verwaltungssektion im Justizministerium - "ich höre das zum ersten Mal" - als auch im Büro Justizminister Dieter Böhmdorfers - "das ist dezidiert falsch" - gegenüber der "Wiener Zeitung" bestritten wird.
Kritik übte Jarolim weiters u.a. an der Herabsetzung der vollen Strafmündigkeit auf 18 Jahre, an der Handhabung der Spitzelaffäre, Wohnrecht, Sexualstrafrecht und nicht zuletzt an der Strafprozessreform: Anstelle des "unausgegorenen und von Richtern und Staatsanwälten abgelehnten" Reformentwurfs der Regierung schlägt Jarolim vor, die Reform zu splitten: Das kriminalpolizeiliche Vorverfahren solle sofort geregelt, der Rest zusammen mit dem gesamten Hauptverfahren in einer StPO-Reform-Kommission diskutiert werden. Auch hält die SPÖ am Konzept eines weisungsfreien, dem Parlament verantwortlichen Bundesstaatsanwalts fest.
Wie Jarolim darlegt, gehe es im SPÖ-Justizprogramm um sozialen Ausgleich: Nicht nur Gleichheit vor dem Gesetz, sondern auch Gleichheit durch das Gesetz sei gefragt. Konkret kündigte er ein Antidiskriminierungsgesetz und "Qualitätskontrollen für Gesetze" durch die Experten vom Ludwig Boltzmann-Institut an.