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"Ohne Zweifel" bestechlich, das Urteil vier Jahre Haft, unbedingt. Das Verdikt in erster Instanz gegen Ernst Strasser lässt an Klarheit und Härte nichts vermissen. Die Zeit, in der Politiker von Österreichs Justiz auf Gnade vor Recht hoffen durften, scheinen vorbei zu sein. Josef Martinz und Uwe Scheuch belegen diese These.
An die Stelle des augenzwinkernden Wegschauens rückt nun - lange hat es gedauert - die Vorbildfunktion der Politik ins Zentrum. Auch die großen Fische sollen sich künftig nicht mehr sicher sein können, dass nur die kleinen zum Handkuss kommen. In den drei Fällen war es allerdings auch schwierig für die Gerichte, die Unschuldsvermutung bis zum Ende aufrechtzuerhalten: Zwei Mal - bei Strasser und bei Scheuch - zerstörten Video- beziehungsweise Audioaufzeichnungen die Glaubwürdigkeit der Angeklagten. Bei Martinz brachte das Geständnis des mitangeklagten Steuerberaters die Verteidigungsstrategie zum Einsturz.
Das Ansehen der Republik, ihrer Institutionen und Repräsentanten ist ein hohes Gut. Ein zu hohes Gut, um korrupte Politiker mit einem blauen Auge davonkommen zu lassen. Die res publica ist - in Zukunft noch viel mehr als in der Vergangenheit - auf die Bereitschaft hervorragender Köpfe angewiesen, sich für das Allgemeinwohl zu engagieren. Dieses idealistische Element lässt sich nicht durch einen Verweis auf die Schlechtigkeit der Welt pragmatisch wegdiskutieren. Mit Geld lässt sich dieses Engagement niemals aufwiegen, wer unbedingt reich werden will, muss seine berufliche Erfüllung außerhalb der Politik suchen. Wer es dennoch auf krummen Wegen versucht, versündigt sich am Staat und seinen Bürgern. Man muss es so pathetisch formulieren, auch wenn dies Strasser und seinesgleichen nicht verstehen werden. Das ist die zentrale Botschaft dieses Urteils.
Volle Härte gegen korrupte Politiker: Natürlich sind solche Urteile gegen Politiker aber auch nicht frei vom Populismusverdacht, entsprechen sie doch zweifellos dem vorherrschenden Bauchgefühl vieler Bürger (und praktisch aller Medien). Über die juristische Qualität der Urteilsfindung sagt das allein noch nichts aus. Man denke nur an den Bawag-Prozess, wo die Revision die erstinstanzlichen Urteile quasi in der Luft zerrissen hat. Die Wiederholung des Verfahrens endete erst kürzlich mit sechs Freisprüchen für sieben Angeklagte.