Die ÖVP-FPÖ-Koalition will die verbale Beurteilung nur noch als Ergänzung zu Noten zulassen.
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Wien. Die Untergruppe Bildung soll bei ihren Verhandlungen über das Wochenende zu einem Abschluss gekommen sein, wie einige Medien berichten. Bereits heute, Dienstag, soll dieses Thema von der Steuerungsgruppe unter dem Vorsitz der Parteichefs von ÖVP und FPÖ, Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache, behandelt werden.
Eine Einigung soll es unter anderem über die Reform der Schulnoten gegeben haben: Die verbale Beurteilung ohne Note soll es nicht mehr geben. In der Einigung heißt es: "Überarbeitung und Präzisierung der Benotungssystematik für alle Schultypen und Schulstufen. Aufbauend auf einer klaren 5-teiligen Notenskala (von ,Sehr gut‘ bis ,Nicht genügend‘) für alle Schultypen erfolgt eine genaue Definition, welche Note vergeben werden kann bzw. vergeben werden muss." Verbale Beurteilungen sollen zusätzlich möglich sein. Auch eine Benotung mit sieben Schulnoten wie bei der Neuen Mittelschule soll es laut den Berichten nicht mehr geben.
"Noten sind heikel"
Seit dem Schuljahr 2016/17 kann in den ersten drei Volksschulklassen anstelle von Ziffernnoten eine schriftliche "Leistungsinformation" eingesetzt werden. Die Entscheidung darüber wird am Schulstandort gefällt. Entscheiden sich die Eltern gegen Ziffernnoten, erhalten sie stattdessen am Semesterende eine "schriftliche Information über die Lern- und Entwicklungssituation" ihres Kindes samt Bewertungsgespräch. Diese Regelung löste rund 2000 Schulversuche ab.
Bildungsexpertin Christa Koenne ist nicht gegen Noten. Man müsse diese nur richtig einordnen. Ein "Sehr gut" in einer Klasse sei oft nicht einmal mit einem "Sehr gut" einer anderen Klasse an derselben Schule vergleichbar, geschweige denn mit derselben Note an einer anderen Schule. "Noten täuschen Vergleichbarkeit vor", sagt Koenne. Man müsse sich dessen bewusst sein, dass Noten keine pädagogische Maßnahme sind, sondern dazu dienen, eine Rückmeldung nach außen an jene zu geben, die nicht am Lernprozess beteiligt sind.
Sie findet es dennoch gut, dass Lehrer ihre Verantwortung bei der Notengebung wieder stärken. Es müsse aber bei Konsequenzen eine bessere Begleitung geben. Denn "Noten haben keine prognostische Aussage", sagt Koenne. Soll heißen: Wenn Kinder in der vierten Volksschule ein "Sehr gut" in Mathematik haben, haben sie nicht notwendigerweise später an der AHS auch eine gute Note in Mathematik. Es liege in der Verantwortung der Lehrer, zu wisse, wo ihre Schüler stehen.
"Dass Noten heikel sind, wissen wir", sagt Koenne. So komme es in den Klassen auch immer wieder zu der berühmten Gaußschen Kurve: also der Notenverteilung mit wenigen Einsern, einigen Zweiern, vielen Dreiern, einigen Vierern und wenigen Fünfern. Allerdings müsse man da die Lehrer fragen, warum sie sich zufrieden damit geben, immer einige "Nicht genügend" zu vergeben. "Was ist das für ein Lehrer, der es nicht schafft, die Kinder so zu unterrichten, dass sie eben kein ,Nicht genügend‘ bekommen", kritisiert Koenne. Sie hat aber Vorbehalte gegen die Beibehaltung der fünfteiligen Notenskala, die dazu verleite, die meisten Noten in der Mitte, also bei einem "Befriedigend", zu vergeben. Besser wäre eine gerade - zum Beispiel sechsteilige - Notenskala, sagt die frühere langjährige AHS-Direktorin.
Eine Einigung soll es auch zu einem zweiten verpflichtenden Kindergartenjahr geben. Allerdings nur für jene Kinder, die Defizite in Deutsch haben. Das soll mittels einer Sprachstandserhebung festgestellt werden. Beginnend mit der Kindergartenpflicht soll es eine Dokumentation geben, die bis zum Abschluss der schulischen Laufbahn geführt werden soll. Eine Dokumentation ist bereits jetzt vorgesehen, die nach dem Kindergarten an die Volksschule übergeben wird, damit die Lehrerinnen sehen, wo die Erstklässler stehen.
Ebenfalls kolportiert wurde ein Bekenntnis zu einem weiteren Ausbau der Ganztagsschulen und zu einer "Bildungspflicht für Lesen, Schreiben und Rechnen", was ein "Absitzen" der Schulpflicht verunmöglichen soll.
Ein Bildungsministerium
Viele Bildungswissenschafter würden eine Konzentration aller Bildungsentscheidungen an einem Ort befürworten. Ein Bildungsministerium, das vom Kindergarten (einheitliche Rahmenvorgaben für alle Kindergärten, die ja Ländersache sind) über die Schulen bis hin zu den Universitäten und Fachhochschulen alles vereint. Aber das ist noch nicht ausgemacht.