In Sachen Heumarkt setzt Maria Vassilakou nun auf das freie Mandat. Häupl geht von rot-grüner Mehrheit aus.
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Wien. In Sachen Heumarkt-Projekt hat sie ihre Entscheidung getroffen: "Ich werde die Flächenwidmung zum Hotel Intercont und Eislaufverein zur Beschlussfassung am 1. Juni dem Gemeinderat vorlegen", erklärte Wiens Grünen-Chefin, Planungsstadträtin und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou am Dienstag in einem Hintergrundgespräch.
Sie respektiere zwar das Nein der grünen Mitglieder zur Umsetzung des Projektes - aber diese seien nicht in der Position, darüber zu entscheiden. "Der Gemeinderat muss als demokratisch legitimiertes Gremium das letzte Wort darüber haben, was in unserer Stadt möglich ist und was nicht. Und niemand sonst", betonte Vassilakou. Im Gemeinderat werde jeder Abgeordnete die Möglichkeit haben, nach besten Wissen und Gewissen, frei zu entscheiden. Und sie werde weiterhin für eine Zustimmung werben, so Vassilakou.
Sieben grüne Befürworterim Gemeinderat nötig
Vassilakou geht davon aus, dass das mit den Stimmen der Grünen zu bewerkstelligen ist und man nicht auf die Opposition angewiesen sein wird. Allerdings ist das Aufgabe des Klubobmanns, sagte Vassilakou und spielte damit den Ball weiter an David Ellensohn. Zur Erklärung: Rot-Grün verfügt im Stadtparlament über 54 Sitze, davon 44 die SPÖ, zehn die Grünen. Um nicht auf die Opposition angewiesen zu sein, braucht Vassilakou mindestens sieben grüne Projekt-Unterstützer. Vorausgesetzt, die SPÖ steht auch geschlossen hinter dem Projekt. Sind drei Grün-Mandatare dagegen, kommt keine Mehrheit der Stadtregierung zustande.
Als weitere Maßnahme kündigte die Vizebürgermeisterin an, den städtebaulichen Vertrag "sehr zeitnah" öffentlich machen zu wollen, damit jeder selbst überprüfen könne, was in dem Bauvorhaben rechtlich verankert ist. Zudem habe sie den Projektwerber dazu bewegen können, die Hälfte der Wohnungen im geplanten Turm einer Nutzung zuzuführen, die im öffentlichen Interesse steht. "Das Unesco-Weltkulturerbe-Problem bleibt aber weiter bestehen - das ist auch jedem Abgeordneten bewusst", so Vassilakou.
Die Grünen-Chefin zählte die Gründe für ihre Vorgangsweise wie folgt auf: Erstens stehe sie dem Eislaufverein im Wort, diesen langfristig finanziell abzusichern. Kommt das Projekt nicht zustande, würde nämlich aus dem Areal ein Spekulationsobjekt werden, zumal die Fläche bereits als Bauland gewidmet sei (allerdings ohne Bebauungsbestimmungen Anm.) Zweitens sei Vassilakou dem Bauherrn nach Jahren der Planungen und Investitionen verpflichtet, dass es hier Handschlagqualität vonseiten der Stadt gibt.
Drittens sei sie als Stadträtin und Vizebürgermeisterin der Bevölkerung verpflichtet, die sich auf eine massive Verbesserung des Status quo am Heumarkt-Areal freue. Und viertens habe sie einen Eid auf die Stadt geleistet: "Ich habe die Pflicht nach besten Wissen und Gewissen, das zu tun, was aus meiner Sicht für die Stadt am besten ist", so Vassilakou. Schließlich verlas sie einen Abschnitt aus den Parteistatuten: "(...) Es gelten die Grundsätze der Partei als Entscheidungsgrundlage und Klubzwang ist nicht zulässig (...)." Und abgesehen davon sei es in der österreichischen Demokratie so, dass Mandatare in ihrer Entscheidung frei sind - "nur in autoritären Systemen ist es so, dass es eine Gleichschaltung zwischen Partei und Mandat gibt", so Vassilakou.
Probleme mit der grünen Basis ortet die Politikerin im Übrigen keine - die Vorgangsweise sei in der Krisensitzung am Montagabend zum größten Teil befürwortet worden, meinte sie. Auch sei die Vorgangsweise mit dem Koalitionspartner akkordiert - was Bürgermeister Michael Häupl bei seinem wöchentlichen Pressegespräch bestätigte, wo er Vassilakous Handschlagqualitäten lobte. Jetzt sei es die Aufgabe des grünen Klubobmanns, am 1. Juni die grüne Mehrheit für das Projekt herzustellen, meinte auch Häupl. Er gehe davon aus, dass das klappt. In Sachen Unesco kündigte der Stadtchef an, noch weitere Gespräche führen zu wollen, um die drohende Weltkulturerbe-Aberkennung noch zu verhindern. Zu den von der ÖVP am Dienstag formulierten Koalitionsbedingungen als Reaktion auf die Krise bei den Grünen (siehe Artikel unten, Anm.) meinte Häupl knapp: "Eine interessante Antwort auf eine Frage, die nicht gestellt wurde."
Empörte Projektgegner überlegen nun weitere Schritte
Also wieder alles eitel Wonne? Nicht ganz - denn die grünen Projektgegner zeigten sich in einer ersten Reaktion empört: "Wir haben mit allem gerechnet, nur nicht damit", meinte etwa Alexander Hirschenhauser, Klubchef der Grünen Innere Stadt und Mitbegründer der "Initiative Urabstimmung. Man werde nun weitere Schritte überlegen.
Kritik übte auch der grüne Kultursprecher im Nationalrat und ebenfalls deklarierter Projektgegner: "Ich bin schwer enttäuscht", sagte er am Dienstag zur Austria Presseagentur. Es sei demokratiepolitisch bedenklich, wenn man in den Parteistatuten die Möglichkeit einer Urabstimmung einräume, deren Ergebnis dann aber ignoriere, hieß es.
Ob zumindest der grüne Rathausklub geschlossen hinter der Causa Heumarkt steht, ist ebenfalls fraglich. Einigermaßen kryptisch äußerte sich nämlich dazu etwa der grüne Abgeordnete Martin Margulies. "Echt froh über freies Mandat, ermöglicht Ergebnis der Urabstimmung Heumarkt im Gemeinderat individuell nachzuvollziehen", twitterte er am Dienstag.